Allergie gegen Penicillin?

Allergien kommen vor. In der Apotheke fragen wir auch danach, wenn wir ein Dossier erstellen. Relativ häufig hört man dabei die Antwort, man sei allergisch auf Penicillin. Gut, das ist möglich – allerdings wird vermutet, dass es viel weniger häufig vorkommt, als angegeben wird. Tatsächlich redet man von etwa 90% (zum Beispiel in der Untersuchung hier http://www.annemergmed.com/article/PIIS0196064408021951/abstract)
Wieviel es ist, weiss ich zwar nicht, aber dass es häufig vorkommt, das kann ich bestätigen. Es ist nämlich teilweise wirklich lustig, wenn man da nachfragt:

„Sie haben gesagt, sie seien allergisch gegen Penicillin. Was passiert, wenn sie es nehmen?“

–      „Oh, ich bin nicht wirklich allergisch. Ich mag es einfach nicht.“ – Wiieesoo?? Persönlich Antipathie?

–     “ Ich denke ich habe mal einen Ausschlag davon bekommen. Aber ich bin nicht sicher, ob es Penicillin war oder Prednison.“ Ausschlag wäre eine legitime Allergische Reaktion – aber : was war es jetzt?

–      „Ich weiss nicht sicher, ob ich allergisch bin. Aber meine Schwester / Mutter / Tante ist es und sie sagte, ich könnte es auch sein.“ – Allergien werden nicht zwingend vererbt. Und sicher nicht übertragen.

–      „Was passiert wenn ich es nehme? Ich habe es noch nie gehabt! Ich bin allergisch dagegen!“ – Wenn man es noch nie gehabt hat, kann man auch nicht allergisch dagegen sein. Eine Allergie ist etwas, was man erst nach einem Erst-Kontakt entwickelt.

–      „Als ich es einmal gehabt hat, ist es mir nicht besser gegangen. Das bedeutet, ich bin allergisch, richtig?“ – Nein, das bedeutet, dass es das falsche Antibiotikum war oder sie nicht wegen einem Bakterium krank waren.

–      „Penicillin? Ich wollte sagen Erdnüsse.“ – Klar. Fast dasselbe. Nicht.

–      „Ich bin nicht wirklich allergisch. Es ist eher, als vertrage ich es sonst nicht. Ich bekomme Durchfall davon.“ – Ja, eine eher typische Nebenwirkung, die bei vielen Antibiotika auftreten kann. Keine Allergie. Sie dürfen es wieder nehmen (am besten zusammen mit einem Probiotikum für die Darmflora?)

–      „Penicillin – das ist die hellblaue Tablette, richtig?“ – Ah, nein. Da gibt es hauptsächlich weisse. Aber vielleicht haben sie ja eine Allergie auf Farbstoffe?

… Das Problem bei solchen Nicht-Allergien ist, dass sich die Patienten dadurch eventuell ein gut wirksames und erforschtes (und günstiges!) Mittel ver…weigern. Und wegen Kreuzallergien (die vorkommen) nicht nur eine Klasse von Antibiotika, sondern gleich mehrere. Und wir haben heute schon ein Problem, dass wir gelegentlich kaum noch ein Antibiotikum finden, das wirkt … und dann schränkt man sich selber noch so ein?

35 Kommentare zu „Allergie gegen Penicillin?

  1. Bei uns im OP läuft das genau so, wie von dir beschrieben.
    Die meisten Patienten, die eine PNC-Allergie angeben sind nicht wirklich allergisch. Wir müssen dennoch Rücksicht darauf nehmen, da wir nicht wissen können, ob wirklich eine Allergie vorliegt.

    Allerdings frage ich mich, was passiert, wenn jemand wirklich eine PNC-Allergie hat und erst bei der zweiten Einnahme des Antibiotikums darauf reagiert. Meist dürfte das dann ja zu Hause geschehen.
    Die paar Fälle einer anaphylaktischen Reaktion, die ich miterleben musste, waren schon sehr fulminant und ich war immer froh, dass wir das Antibiotikum in der Regel erst verabreichen, wenn der Patient schon intubiert ist.
    Dann ist die Anaphylaxie (bis hin zum anaphylaktischen Schock) leichter zu therapieren, da die Atemwege schon gesichert sind. Trotzdem ist so was immer beeindruckend.

    Wie ist das, wenn das Antibiotikum nicht i.v. sondern oral aufgenommen wird? Hat dann der Patient mehr Zeit? Ich stelle mir vor, dass die Zeit, bis der Notarzt nach Alarmierung beim Patienten ist schon zu lange sein könnte.
    Gibt es da Daten, wie oft so eine Allergie zu Hause auftritt und welche Konsequenzen das hat?

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    1. im Normalfall ist die erste allergische Reaktion noch nicht eine Anaphylaxe. Im Normalfall. Und i.V. gegeben wirken (und Nebenwirken) die Medikamente halt auch schneller.
      Die Medikamentenallergien die ich bisher gesehen haben, haben sich erst mal auf der Haut geäussert – und wenn das passiert, weiss man dann, das man das nicht mehr nehmen soll.
      (Und immer dran denken: man kann auf alles allergisch reagieren, nicht nur Medikamente)

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    2. Ich hatte einen allergischen Schock auf ein oral eingenommenes Antibiotikum. Bis zu den ersten allergischen Reaktionen vergingen keine 5 Minuten, dann habe ich rapide abgebaut. Weil mein Mann und ich die Symptome falsch eingeschätzt haben und auch die Rettungsleitstelle kläglich versagt hat, dauerte es etwa eine Stunde, bis ich bei einem Arzt war und da bin ich dann endgültig entgleist.

      Wäre gleich bei den ersten Symptomen ein Notarzt gekommen, dann hätte der mich sicherlich frühzeitig stabilisieren können, denn oral eingenommen kommt das Allergen tatsächlich mit Verzögerung und portionsweise in den Kreislauf. Das ist bei Retardzubereitungen allerdings ein Problem – mit einem Antibiotikum, das lange Zeit seinen Wirkstoff freigibt, hat man auch lange Zeit mit den allergischen Reaktionen zu kämpfen.

      Ach ja: allergisch gegen Prednison? Schon klar…

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  2. Ich bin offiziell auch leicht gegen Penicillin allergisch. Und geerbt von meiner Mutter. Wurde irgendwann in meinen frühen Jahren mal festgestellt, als ich bei einem Test leichte Reaktionen gezeigt habe. So richtig Vertrauen hab ich darin aber nicht, kann also durchaus sein, dass ich Penicillin sogar vertrage. Aber im Zweifelsfalle verzichte ich halt auch lieber.
    Kann man sich denn irgendwo darauf testen lassen, ob man allergisch auf Penicillin reagiert? Bei allen möglichen Lebensmitteln/Gräsern/Pollen geht das ja…

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    1. Natürlich, das kann man testen. Ich weiß nicht genau ob auch mit diesem Prick-Test direkt beim Hautarzt, aber aus Serum im Labor geht es auf jeden Fall. Zur Not auch als Selbstzahler, bei nur dem einen Test kostet das (in D) keine 10 Euro.

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  3. Mein Opa ist gegen Penicillin allergisch und meine Mutter, die Krankenschwester und Physiotherapeutin ist, hat immer vermieden, dass wir Töchter mit Penicillin Kontakt aufnehmen.
    Da meine Familie echt zu oft starke Reaktionen zu Operationen, Med.mittel usw. hat, verzichte ich problemlos auf Penicillin.

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    1. Falls man der Fall auftritt: ich würde das nicht als Allergie angeben, zum Beispiel im Spital. Vielleicht ist das das einzige, was sie geben können und dann verwehrst Du Dir eine wirksame und sichere Behandlung, wo anderes viel problematischer sein kann.

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      1. Sicher hast Du recht, aber wenn man mich fragt, sage ich einfach was in meiner Familie passiert und lasse dem Arzt entscheiden. Zum Glück brauchte ich keine Penicillin bis jetzt. Oder auch, ich habe den Inhalt der Medikamenten nicht genau gelesen, und weiss nicht ob ich schon Penicillin angenommen habe ;-)

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      1. Vielleicht auf einen Hilfsstoff in der Zubereitung, aber nicht auf Prednison – eigentlich sollte eine allergische Reaktion auf einen Hilfsstoff zusammen mit Prednsion auch unmöglich sein.

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  4. Unglaublich, hätt ich nicht gedacht, dass so viele Leute so komische Antworten geben. Ich sage auf diese Frage einfach immer: „Weiss ich nicht…“, denn ich weiss wirklich nicht, ob ich schon mal Penicilin bekommen hatte. AB hatte ich bisher nur sehr selten nehmen müssen.

    Übrigens: der Link funktioniert nicht…..

    Grüsse Andrea

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  5. Cefuroxim gibts auch häufig als nette kleine blaue Pille (allerdings auch in weiß), warum nicht auch penecillin?

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  6. Ich hab mich grad gefragt ob eine allergische Reaktion auf Prednison überhaupt möglich ist… selbst wenn man auf einen der Begleitstoffe allergisch reagiert dürfte sich das ja nicht äußern.

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  7. Bei den meisten Ideen bin ich mir nicht so sicher, ob Antibiotika-Verweigerung dem Genpool nicht eher zuträglich ist.
    Bei dem Titel hatte ich schon auf eine gute Nachricht für meine tatsächlich allergisch reagierende Freundin gehofft.

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    1. Eine böse Idee, aber nicht ganz falsch.
      Man müsste dann nur noch herausfinden, was legal die Leute aus dem Genpool entfernt, die dauernd Antibiotika schlucken, aber zu schnell aufhören. Die sind für den Genpool ziemlich schädlich als Produzent von resistenten Erregern.

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  8. Manmanman, und dann gibt es da so Helden wie meinen Bruder, der von frühester Kindheit an gegen alles mögliche allergisch ist (präpubertär: Pollen, pubertär: Kreuzallergien zu Obst, postpubertär: (Kreuz-?)allergien zu Nüssen und zusätzlich Felltiere) und auf die Frage, ob Allergien vorlägen, irgendwas undefinierbares wie „hmmm, ein bisschen Gräser“ antwortet. Einmal schwoll ihm die Zunge von Nüssen an, „aber das war ja nur einmal, ist ja nix passiert“.
    Ich renn ihm seit Jahren hinterher, mal wieder (nach 10 Jahren!) einen Allergologen aufzusuchen und sich doch bitte einen Epipen verschreiben zu lassen …

    Nüscht! Cetirizin hilft ja „ein bisschen“! Gut, dass ihm das bis jetzt nur rudimentär gegen die Pollen half (ich hab ihn ja heulend und schniefend gesehen, allergisches Asthma hat(te) er auch) … macht mich wahnsinnig.

    Und er nimmt sich selbst nicht so ernst, weil es so viele eingebildete Überempfindlichkeiten in seinem Umfeld gibt, dass er nicht dazu gehören will … irgendwann gehe ich nochmal ein vor Sorge ;-)

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      1. Sollte hierhin …

        Hat er schon durch. Hat nix gebracht. Sein größtes Problem ist, dass er im Alter zwischen 11 und 16 Jahren insgesamt 2,5 Jahre Chemotherapie hatte (auf zwei Erkrankungen verteilt) und seitdem Ärzte meidet wie die Pest. Obwohl sie lieb waren und jetzt alles gut ist – sind wohl Erinnerungen, die beim Wartezimmergeruch hochgerufen werden, die er unbedingt vermeiden möchte. Ich kann’s ihm nicht verdenken, aber Sorgen mache ich mir dennoch.

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  9. Hat er schon durch. Hat nix gebracht. Sein größtes Problem ist, dass er im Alter zwischen 11 und 16 Jahren insgesamt 2,5 Jahre Chemotherapie hatte (auf zwei Erkrankungen verteilt) und seitdem Ärzte meidet wie die Pest. Obwohl sie lieb waren und jetzt alles gut ist – sind wohl Erinnerungen, die beim Wartezimmergeruch hochgerufen werden, die er unbedingt vermeiden möchte. Ich kann’s ihm nicht verdenken, aber Sorgen mache ich mir dennoch.

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  10. Warum verschreiben heute eigentlich so viele Ärzte immernoch Penicillin?

    beta lactamasen hat doch mittlerweile eh fast jedes Bakterium.

    Da wir hier so viel mit antibiotika arbeiten ist das immer sehr lustig wenn cih mal zum arzt muss.

    „Bitte keine ß-Lactam AB, Tetracycline gehen auch nicht, Makrolide sind auch schlecht, Glykosidantibiotika auch weniger…“ viel bleibt da nciht mehr übrig was ich nehmen kann und wo ich nicht dauernd mit in Kontakt komme (bzw deren Resistenzplasmiden, und ja in den meisten Mibilaboren steht auhc ne Kaffeetasse auf der Bench!)

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  11. Doch, auf Penicillin kann mal bei Erstkontakt schon allergisch sein (da es eine vorherige Sensibilisierung auf Schimmelpilze gegeben haben kann)…
    … ansonsten: ich würde bei einem Hautausschlag nach Penicillin nicht unbedingt „einfach so“ eine Allergie annehmen, sondern das beim Allergologen richtig abchecken lassen. Wieso? Penicilline sind in vielen Fällen (immer noch) wirksam und ausgezeichnet verträglich (zumindest im Vergleich mit anderen Antibiotika). Die Chance auf eine Behandlung mit Penicillinen im Infektionsfall würde ich mir nicht so leicht verbauen…

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  12. Ich reagiere allergisch auf Ampicillin, Arilin und Amoxillin (ich sollte alles mit -in am Ende vermeiden *g*). Und nur bei dem ersten Mittel könnte ich auf deine Frage auch nicht wirklich was antworten, weil ich darauf als Kind reagiert habe. Meine Mutter hat mir damals eingebleut, das bei jedem neuen Arzt zu erwähnen, hat aber vergessen mir zu erzählen, WIE ich da nun genau drauf reagiere.

    Amoxillin ergibt „nur“ Hautauschlag und Juckreiz und besonders gefällt mir Arilin: das bescherte mir eine erstklassige Neuropathie (und mit MS braucht man dann einen guten Neurologen, der einen nicht mit MRT, Cortison-Stoßinfusion etc. quält, sondern gleich Gabapentin zückt).

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    1. *besserwissermodusan*
      Die Neuropathie bei Metronidazol ist aber keine Allergie, das ist eine seltene bzw. sehr seltene Nebenwirkung, die auftreten kann.
      *besserwissermodusaus*

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      1. Hast du auch wieder recht, auf jedenfall aber keine Nebenwirkung, die ich noch mal haben möchte. Und nebenbei gelernt: man sollte dem Beipackzettel mehr vertrauen, als der Ärztin die darauf besteht, das man das Mittel schon vertragen würde.

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        1. Habe mal in der Fachinfo geschaut, Neuropathien bzw. neurologische Probleme (Kopfschmerz etc.) als Nebenwirkung bei Metronidazol laufen unter „gelegentlich“, das heisst ≥0,1% und <1% Wahrscheinlichkeit.
          Von den aufgeführten Nebenwirkungen sollte man sich aber auf keinen Fall ins Bockshorn jagen lassen, sonst hat man eigentlich gar keine Therapieoptionen mehr.
          Das Verschreiben von Metronidazol bei bestehender Erkrankung des Zentralen Nervensystems (z.B. mit MS) ist allerdings grenzwertig. Da sollte der Arzt/die Ärztin genau abwägen, ob die Behandlung sehr wichtig ist und keine andere Alternative zur Verfügung steht. Das hat Deine Ärztin hoffentlich gemacht, sonst gehört ihr der Kopf gewaschen.

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          1. Deshalb (u.a.) ist es ja auch meine Ex-Ärztin *g*. MS + Arilin passen nicht zusammen. Beipackzettel gelesen, Ärztin angerufen. Antwort O-Ton: „Das gilt nur für die orale Einnahme, die Zäpfchen können Sie unbedenklich nehmen“. Aber wie gesagt: ein guter Neurologe ist dann Gold wert. Kurzes Gespräch, Gabapentin eingenommen und sofort wurde es besser :) . Auf Messern laufen macht auch nicht wirklich Spaß.

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  13. Ich habe auf Amoxicillin mit einem prächtigen Hautausschlag reagiert und war daraufhin 10 Tage stationär im Krankenhaus. Dort hat man mir bei der Entlassung einen Allergiepass ausgestellt, den ich immer bei mir trage. Die Allergie habe ich bei meinem Hausarzt und meinem Zahnarzt angegeben und gut ist es. Gerade bei Allergien sollte man doch als Betroffener sicher sein was man hat.

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  14. Interessanterweise habe ich KEINE Penicilin-Allergie (was man als Poliallergikerin schon mal erwähnen muss… *g*), um aber das familiäre Gleichgewicht zu wahren, schlägt sich Mutter Fuchsi mit einer echten PNC-Unverträglichkeit herum. In zwei Fällen hat sie schon mit wirklich spektakulären Ganzkörper-Ausschlägen reagiert, einen dritten Test verweigert sie. Nachvollziehbarerweise, wie ich finde. ;)

    Liebe Grüße,
    Fuchsi

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  15. „- ”Penicillin? Ich wollte sagen Erdnüsse.” – Klar. Fast dasselbe. Nicht.“

    ROFL! Danke, du (sag ich jetzt einfach) hast mir den Feierabend gerettet!
    Ich bin froh, völlig allergiefrei durchs Leben zu gehen…

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  16. Eine meiner ersten Kundinnen sagte: “ Diese Tabletten kann ich nicht nehmen, wissen Sie, ich bin algerisch!“

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