Nachspielzeit

Wir öffnen um 8 Uhr – und das heisst, wir sind bereit und fertig zum loslegen, wenn wir aufmachen. Alle in den Schürzen, die Kassen bereit, die Computer hochgefahren, die Ware schon geliefert. Ich selber bin zu dem Zeitpunkt schon meist 20 Minuten in der Apotheke und mache dies und das. Wir öffnen also pünktlich und ich … will dann auch pünktlich schliessen!

Es muss natürlich an dem Abend sein, an dem ich zu Hause Besuch eingeladen habe und hoffe, meinem Mann noch ein bisschen zu helfen mit dem Essen.

Eigentlich haben wir schon geschlossen, die Kollegin holt nur noch die vordere Kasse, während ich mit der hinteren Kasse nach oben gehe und mich umziehe. Wie ich wieder nach vorne schauen, steht besagte Kollegin am Computer mit einer Frau mit Rezept. Wiiieeeso musste sie die noch reinlassen?

Natürlich kann ich jetzt auch nicht weg. Ihr Rezept ist relativ zügig erledigt … und da es ein Antibiotikum ist, sehe ich noch ein, weshalb die Kollegin sie noch genommen hat – auch wenn es inzwischen 10 Minuten nach Ladenschluss ist.

Und wenn es jetzt fertig wäre, gut … aber Nein.

Frau: „Mein Freund hat auch ein Rezept hier. Könnten Sie mal schauen wegen den Schmerzmitteln.“

Seufz.

Ich öffne sein Dossier. Ja, er hatte ein Rezept hier für Voltaren. Wir haben ihm auf das Rezept auch schon ausnahmsweise eine Wiederholung gemacht.

Nein, NOCH eine Repetition kann ich ihm nicht machen – darum habe ich ihn damals darauf hingeweisen, dass er das nächste Mal wieder ein Rezept braucht.

Beides erkläre ich der Frau.

Frau: „Wie sieht es aus mit Dafalgan und Novalgin?“

Pharmama: „Davon hat er hier noch nie ein Rezept gehabt.“

Frau: „Nein, das ist in einer anderen Apotheke –

Aber dort hat er auch schon einen Vorbezug offen …“

… (Grillenzirpen)

Frau: „Könnten sie nicht….“

Kollegin: „Nein, entschuldigen sie, aber da er das bei uns noch nicht hatte und auch nicht selbst hier ist …“

Ich: (hilfsbereit, aber jetzt habe ich langsam genug): „Das Dafalgan bekommt er auch ohne Rezept. Wenn er die 1g hatte, kann er einfach 2 von den 500mg nehmen. Kaufen sie jetzt eine Packung davon und dann gehen sie morgen in die andere Apotheke oder ins Spital (das Rezept heute war auch vom Spital) und lassen sie sich da entweder einen Vorbezug machen oder dort ein Rezept ausstellen.“

Frau: „Wir waren erst heute im Spital, ich begreife nicht, warum sie nicht auch ein Rezept für die Schmerzmittel ausgestellt haben …“

Ich denke: wahrscheinlich, weil sie beide dort nicht gesagt haben, dass sie das noch brauchen? – Oder (böse) – weil der Arzt nicht der Meinung war, dass das noch nötig ist.

Sie kauft die Dafalgan und geht. Endlich.

20 Minuten nach Ladenschluss.

Ich hasse „Nur kurz“. Die Frage mag ja kurz sein, die Antwort ist es gezwingenermassen meist nicht.

22 Kommentare zu „Nachspielzeit

  1. Ich bin überzeugt, das sind die Leute, die selber Punkt Feierabend den Griffel fallen lassen, egal ob die Arbeit fertig ist.
    Wir haben da auch so nette Kandidaten. Besonders kürzlich ein Vater, der seine Kinderchen in der Bilderbuchabteilung bis 2 Minuten vor Feierabend hat spielen lassen, er las daneben die Zeitung (den Kulturteil habe ich am nächsten Tag in den Bilderbüchern gefunden, dankeschön), 5 Minuten nach Feierabend war er mit den Kids wenigstens schon bei der Garderobe, zog sie in aller Seelenruhe an, guckte mich an – ich stand die ganze Zeit wartend neben der Tür – und fragte „Sie arbeiten hier sicher in Schichten?“ und schaute extrem komisch, als ich erklärte, dass ich seit 8 Uhr ausser Haus sei und mit einer Stunde Mittagspause bis 18.30 Uhr arbeite (inzwischen war es 18.40 Uhr). Ich frage mich manchmal wirklich, welche Vorstellung die Leute von Arbeit im Dienstleistungssektor haben *kopfschüttel*.

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    1. [Ironie on] ach, als Dienstleister im weitesten Sinne hat man kein Recht auf frei/Feierabend/Urlaub/Pausen…Essen und Trinken wird auch völlig überbewertet. :D Schließlich ist der Kunde König![/Ironie off]
      Am schlimmsten finde ich es ja, wenn der Kunde, wegen dem man sich seinen Feierabend ans Bein geschmiert hat, dann am nächsten Morgen anruft (gerne auch ne halbe Stunde vor Geschäftsbeginn..) und meint, er hätte sich das jetzt überlegt und möchte den Auftrag stornieren, weil…. Da könnte ich vor lauter Zorn grad immer durchs Telefon kriechen! Vielleicht sollten wir Feierabendzuschläge einführen? *nachdenk*

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  2. Wie mir schon seit Jahren an deinen Geschichten im Blog auffällt, bist du anscheinend einer der Menschen der sich dauernd viel zu viel gefallen lässt……

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    1. mach was dran! Als jemand, der mit Kunden zu tun hat, musst du dir jedesmal sowas von auf die Zunge beißen, dass einem da nix rausrutscht, was man als Mensch gerne sagen will, aber als Anbieter von Dienstleistungen nicht darf. Da muss man einfach oft schlucken, ob man will oder nicht. Oder den Job wechseln. Aber obs da besser wird?

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        1. Nur … WO sind die?
          Ich habe mich schon ein paar Mal gefragt, was wohl die Reaktion wäre, wenn ich sagen würde : „in Ordnung, wenn das für sie so dringend ist, führe ich das Rezept aus, weil das jetzt aber ausserhalb der üblichen Arbeitszeit liegt, kommt darauf die Notfallpauschale. Ok?“
          Speziell bei Sachen, die eben KEIN Notfall sind …

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  3. du kannst höflich darauf hinweisen, dass jetzt Ladenschluss ist. Wenn der Kunde bockig ist, nützt es dir nichts, wenn du ihn mit bösen Worten rausschmeißt.
    Und leider leider gibt es uneinsichtige Kunden, für die Feierabend dann ein Fremdwort ist, wenn es um andere Leute geht.

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    1. Man kann darauf hinweisen, dass die Kasse heruntergefahren ist und man bis zum nächsten Tag keinen Zugriff mehr auf das System hat. Das ist zwar nicht ganz korrekt, da man ja jederzeit das System wieder hochfahren könnte, erfüllt aber seinen Zweck.
      Natürlich kann man da auch mal einen Kunden verjagen, aber handelt es sich bei den Kunden, die zwei Minuten vor Ladenschluss auftauchen, nicht eh um Laufkundschaft? Der Stammkundschaft ist das doch eher peinlich, nach Ladenschluss noch etwas haben zu wollen.

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      1. das wär toll. Echt jetzt. Aber wir haben auch Stammkunden, die das bringen. Ich hatte einen mit Termin um 16 Uhr, der kam und kam und kam nicht. Auch keine Info, dass er im Stau steckt/von Arbeit nicht wegkommt oder sowas. Um 18 Uhr schließen wir und er wollte 10 nach 6 noch drankommen (wir waren grad am Abschließen und das ist einer, bei dem es NIE in 5 min getan ist!).
        Es tut mir leid, aber meine 2jährige Tochter möchte nach über 10 Stunden bei der Tagesmutter auch mal wieder abgeholt werden. Ich hab mit ihm einen Termin für den nächsten Tag gleich früh, noch vor seiner Arbeit, ausgemacht und dreimal darfst du raten, was passiert ist. Richtig! Er kam nicht. Aber irgendwo ist ja eben die Grenze..

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      2. Oh, das kann durchaus wahr sein… wir bekommen regelmässig Mails von der Systembetreuung, dass spätestens 15 Minuten nach Schliessung alles runtergefahren sein soll, weil sie Updates einspielen.
        Ich ärgere mich auch weniger über die, die noch schnell reinrennen kurz vor Schluss, sichtlich bemüht sind, sich zu beeilen und sich vielleicht sogar entschuldigen für die Umstände. Sondern über die, die den freien Nachmittag geniessen bis kurz vor knapp, einen verständnislos angucken, wenn man sie 10 Minuten vor Schluss freundlich auf die baldige Schliesszeit aufmerksam macht und dann erst anfangen überhaupt auszusuchen… nachdem sie schon seit Stunden da sind *intischkantebeiss*

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  4. Ich arbeite zwar in einer Praxis, aber auch da haben wir zu genüge solche Leute. Mittwochs ist Sprechstunde bis 13:00, bis 14:00 ist noch mind. 1 Helferin da.
    An einem Mittwoch vor einem langen Osterwochenende war ich Eigentlich nur Dienst bis 13:00) auch um kurz nach 14:00 noch da und hatte dummerweise die Tür nicht abgeschlossen. Plötzlich kommt ein Mädel (geschätzt 18 oder 19J.) zur Tür rein. „Hallo, ich brauche für meine Schwester das Rezept für die Pille.“ Rechner und Server schon aus, ich kann nichts mehr nachschauen, zumindest nicht ohne grösseren Aufwand und Wartezeit und ich will auch endlich nach Hause…
    Eine kleine Frage-Antwort-Runde fördert zu Tage dass keiner von beiden Patient bei uns ist und auch kein Rezept vorbestellt war, mal abgesehen davon dass für die Pille eigentlich der ebenfalls nicht mehr erreichbare Gyn zuständig ist. „Tut, mir leid, da kann ich ihnen nicht helfen, die Rechner sind schon aus und ich hab auch keinen Arzt mehr hier der das Rezept unterschreiben kann.“
    „Aber sie muss die doch ab heute wieder nehmen!“
    Hallo, wenn dem wirklich so ist wusste die Schwester seit mindestens 1 Woche dass sie wieder Nachschub braucht.
    Nach einer mehrminütigen Diskussion und dem widerholten Hinweis dass ohne unterschreibenden Arzt eh kein Rezept möglich ist, hat sie sich endlich mit dem Kassenärtlichen Notdienst zufrieden gegeben…

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      1. Vor allem, mein Meinung als Mikropillennehmerin:

        a) gibt es Kondome, die man dann eben die ersten 7 Tage nehmen muss
        b) kann man die üblichen Mikropillen nach WHO-Empfehlung bis zu zweimal „vergessen“, also am 3. Tag drei Pillen einnehmen und immer noch geschützt sein (würde ich aber nach einer Pillenpause nicht riskieren)
        und c) zählen die 12 Stunden zwischen „heute Abend“ und „morgen vormittag“ nicht einmal als Pilleneinnahme vergessen, sondern verschoben … man kann also gut am nächsten Morgen pünktlich beim Gyn oder in der Apotheke aufschlagen, OHNE sich selbst und vor Allem anderen noch zusätzlichen Stress zuzumuten.

        Pille nicht rechtzeitig zu haben ist echt KEIN Notfall, da kann man sooooo einfach völlig problemlos einen Tag ohne überstehen.

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        1. Um jetzt vorzubeugen dass das jemand macht weil „das ja so im Internet stand“
          Punkt b) hängt davon ab, in welcher Einnahmewoche der Pillenvergesser war. Und bei 2 vergessenen Pillen hintereinander ist es mehr als ratsam, eine Woche lang mit Kondomen zu verhüten
          Punkt c) zählt auch nicht bei der ersten Pille nach der Pause.
          Das geht zwar meistens gut aber nicht immer und die Garantie würde ich nicht übernehmen wollen.

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  5. Ich finde total schlecht sowas. Wie z.B. wenn Leute gehen ins Supermarkt um kurz vor Schluss (5 Minuten davor) einzukaufen… Und oft ist nicht war, sie haben keine Zeit davor.
    Man versucht ihnen zu erklären, bald wird alles zu gemacht „ja ja ich habe nur ein paar Sachen zu nehmen“. Dann kommen sie an die Thecke mit Schinken, Käse u.ä. und finden alles schon geputzt und nicht benutzbar: so eine Schande!!
    Ich versuche es nie zu tun, ausser wenn es nötig ist, aber jedenfalls frage ich immer.

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  6. ganz abgesehen von dem fehlen den respekt vor dem feierabend anderen leute („achso, ihre sprechzeit ist schon beendet? und warum machen sie dann die tür nicht zu“) –
    war an der frau doch grad das problem mit den analgetika –
    ganz klare masche:
    bei ladenschluss kommen und den zeitdruck für sich nutzen. viele apotheker knicken da vielleicht ein – komm gib ihr das medikament, damit ich endlich schluss machen kann, eine diskussion dauert doch viel zu lange.

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  7. Wir schließen um 20 Uhr. Da haben wir 11 Stunden (im Schichtdienst, ja) geöffnet. Es gibt eine Durchsage zur Warnung 5 Minuten vor Ladenschluss. Nach 20 Uhr werden wir nur bezahlt, wenn wir mindestens 15 Minuten dranhängen – Türen abschließen, Kassenschnitt und Kasse wegschließen machen wir also unbezahlt in unserer Freizeit.

    Und trotzdem… trotzdem haben wir unsere Spezis, die jedesjedesjedes Mal um 2 Minuten vor Schließung kommen, um noch einen Lieferschein über 20 Titel geschrieben zu bekommen (da sind 2 von 3 Rechnern schon runtergefahren), sich ihre sieben Bildbände doch nochmal anzuschauen (und natürlich nicht zu kaufen), noch „kurz“ was zu bestellen (in der Regel irgendwelche Titel aus den 70ern die OOP sind oder die ungekürzte „Schauspiel“fassung von Kleist, nein nicht das Hörspiel, das Schauspiel, nein nicht zu angucken als Video, zum Hören, das Schaaaauspiiiiel), darüber zu diskutieren, dass unser EC-System eine Stasimasche sei (wir können auf der Kasse sehen, dass die PIN eingegeben werden muss, damit wir träumende Kunden auffordern können – schon zu viel, schon zu viel!) oder die zweite Downton Abbey Staffel auf DVD zu kaufen, die der Kollege schon hat (aber definitiv nicht von uns, sondern eher aus UK).

    Wir schließen um 20 Uhr. Zu. Aus. Vorbei. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um gemütlich in der obersten Etage die Tasche zu packen und der Kassenkraft zu sagen, dass man lieber im Erdgeschoss bazahlen möchte, weil es da hübscheres Geschenkpapier gibt *headdesk* Dann sprintet nämlich die Kassenkraft dort panisch ans Telefon, damit wir unsere Kasse noch nicht abmelden – bis in die dritte Etage schauen, können wir nämlich noch nicht. Und wenn sie zu langsam ist? Lieber Kunde, dann ist das der falsche Moment, sich mit dem Filialleiter anzulegen – der mag Kunden nach 20 Uhr nämlich noch weniger gerne als der Rest von uns :)

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  8. Oh ja, obernervig sowas.

    Ich habe zum Thema Nachspielzeit nichts anzubieten, dafür aber eine sehr nervige Person neulich in meiner Apotheke, als ich anstand, um ein Rezept einzulösen.

    Es steppte eh schon der Bär, alle drei Beratungsstände besetzt, ein PC war ausgefallen, so dass die arme PTA ständig auch noch ihrer Kollegin mittenrein fummeln musste (also in den Computer *gg*). Ich stehe schon an dritter Wartestelle, hinter mir noch 5 Personen. Da sehen wir Wartenden, dass eine ältere, sehr renitent auftretende Frau eeeendlich fertig wird und freuen uns schon, nachdem sie zu ihren drölfzig Rezepten noch eine Beratung zu „Voltaren Salbe oder doch lieber Doc-Salbe – was ist denn besser, Herr Apotheker?“ haben wollte. Schon am Gehen – alle atmen auf weil endlich ein Platz frei wird – dreht sie sich wieder um und stellt die überaus wichtige Frage: „Sagen sie mal, ich habe irgendwo gelesen, dass Brennesseltee bei Haarausfall helfen soll. Ich hab zwar keine Probleme, aber was nicht ist, kann ja noch werden.“ Leises Stöhnen in der Warteschlange…
    Der Apotheker – ganz Dienstleister – berät sie trotz Protestgemurmel aus der Warteschlange ausführlich. Und als er fertig ist, setzt sie erneut an, nicht ohne vorher aufmerksamkeitsheischend in die Runde zu gucken: „Ja, mein Sohn, der hatte früher Haare wie’n Bär. Da hätte auch niemand geglaubt, dass der mal eine Vollglatze bekommt!“
    Und da ist dann der Frau hinter mir in der Warteschlange endgültig der Kragen geplatzt :p

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  9. Es hilft dir zwar nichts, aber aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass man als Patient in dieser Situation schon schlechtes Gewissen hat und der Apotheke sehr dankbar ist, dass man noch bedient wird. Wenn es um die eigene Gesundheit geht, fühlt sich halt jedes Problem gerade noch etwas dringender an. Ihr habt der Kundin also sicherlich einige Stunden Nervosität und Panik erspart. Wobei es sicher auch in dieser Situation undankbare und arrogante Kunden gibt…

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    1. Ich würde dir zustimmen, wenn ich es selber wäre … aber es gibt wirklich Leute, denen ist das egal. An die hier erinnere ich mich gut, weil sie sich … obwohl es ihr deutlich bewusst war, wie spät sie dran ist, keine Anstalten gemacht hat, das zu beschleunigen, noch sich dafür zu entschuldigen.
      Ganz im Gegensatz zu anderen Situationen, da merkte man, wie dankbar die noch waren dafür, dass ich das Antibiotika-Rezept doch noch gemacht habe, obwohl wir am abschliessen waren.

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