Trau keiner Statistik …

… die Du nicht selbst gefälscht hast. Sagt der Volksmund.

Das gilt auch für Studien zu Medikamenten. Man sollte diese immer mit einem Körnchen Salz „geniessen“ und sehr genau anschauen. Der Grund: das tolle, neue Medikament, das da vorgestellt wird wurde in den allermeisten Fällen von denen getestet, die es entwickelt haben und das ist – um es mit einer Metapher zu sagen – „als ob die Eltern die Schulzeugnisse für das eigene Kind schreiben würden.“
Natürlich wollen die Entwickler, dass das Medikament den Menschen hilft. Noch mehr aber wollen sie, dass sie damit Geld verdienen.

An der Uni haben wir gelernt, was eine gute Studie ausmacht und worauf man achten soll.

Dinge wie :

Studienziel: was wollten sie mit der Studie eigentlich erreichen – und was ist effektiv dabei herausgekommen? Das ist bei weitem nicht immer dasselbe. Das Studienziel muss vorher festgelegt werden.
Was ist es für eine Studie? Meta Studie, Fall-Kontroll Studie, Klinische Studie, Kohortenstudie…
Anzahl der Studienteilnehmer: je mehr, desto besser: unter 100 ist es nicht wirklich aussagekräftig.
Dauer der Studie: auch hier: je länger, je besser.
Aufteilung in eine Verum und eine Placebogruppe: das bedeutet, die einen erhalten das neue Medikament, die anderen etwas was so aussieht, es aber nicht ist.
Randomisierung: die Aufteilung auf diese Gruppen erfolgt zufällig. Trotzdem sollten die beiden Gruppen idealerweise vergleichbar sein, was Altersgruppe, Geschlechtsverteilung etc angeht.
Blind: die Teilnehmer dürfen nicht wissen, zu welcher Gruppe sie gehören.
Doppelblind: auch die testenden Ärzte dürfen nicht wissen, zu welcher Gruppe die Patienten gehören, die sie testen.
Sehr gut ist auch, wenn das Gruppen nach einer gewissen Zeit sozusagen die Plätze tauschen, d.h. die Placebogruppe erhält dann das Medikament und die Verumgruppe das Placebo.
Man sollte ausserdem nicht nur gegen Placebo testen, sondern auch gegen die Standardtherapie einer Erkrankung. Erst dann kann man wirklich sagen, dass es besser ist.

Zum Bild: Das sieht toll aus – bis man sieht, dass sie den (gleichen) Wirkstoff 2000mg neu gegen 1500mg alt vergleichen. Da wundert die „bessere Wirkung“ gleich nicht mehr.

Es gilt auch auf Kleinigkeiten zu achten.
Aussagen wie: „Nebenwirkungen wurden keine beobachtet“ heisst nicht, dass das Medikament keine Nebenwirkungen hat, sondern dass sie die Patienten nicht gefragt haben, ob sie welche haben, sie also nicht festgehalten haben. (!)

Heute kommt es häufiger vor, dass ein Medikament nach der Zulassung und nachdem es einige Zeit bei einer grossen Population angewendet wurde, Effekte zeigt, die in den Studien nicht aufgetreten sind … oder nicht getestet wurden:

Beispiel Vioxx: Machte weniger Nebenwirkungen als bisherige NSAR (Schmerzmittel), darum wurde es zur Langzeittherapie von Schmerzpatienten zugelassen, aber es zeigte sich, dass die Mortalität (die Sterblichkeit) unter der Behandlung nach einigen Jahren grösser war als ohne Behandlung – genauer gesagt: mehr Herzinfarkte. Schlecht.

In einem solchen Fall wird das Medikament wieder vom Markt zurückgezogen – aber vorher geht der Fall erst durch die Medien. Und in Amerika verklagen sie natürlich den Hersteller.

Dabei sind bei der Sache noch ein paar Dinge unklar.
Z.B. ob die Wahrscheinlichkeit an einer Magenblutung, die durch die Langzeiteinnahme von NSAR wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Indometacin zu sterben nicht doch höher ist als das Risiko einer Herzinfarktes unter Rofecoxib (Vioxx) oder wie es um das Herzinfarktrisiko bei der Daueranwendung der alten NSAR steht – denn davon existieren noch gar keine Langzeitstudien!

Und mein Kommentar: Augen auf!

„Wir arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen … aber das Wissen ändert sich.“

46 Kommentare zu „Trau keiner Statistik …

  1. also liebe Pharmama, jetzt gehst Du aber wirklich zu weit: schliesslich beauftragen diese Pharmafirmen in den meisten Fällen jeweils ein unabhängiges (!) Institut
    .. und die Erde ist doch eine Scheibe ;-)

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    1. Und am Schluss werden die Studien noch von den Zulassungsbehörden angeschaut, bevor das Medikament auf den Markt kommt. Ja, ein paar Sicherheiten haben wir doch noch.

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        1. Schade, dass es Ironie war. Denn meine Erfahrung mit den Behörden und Ethikkommissionen ist eine ganz andere – die sind sehr kritisch und sehr aufmerksam. Und unabhängig. Da wird nicht einfach was durchgewunken.

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  2. Danke für den offenen Beitrag zu diesem Thema! Vermutet habe ich das schon lange, dass die Statistiken kaum etwas wert sind. Die Bedeutung des Satzes „Nebenwirkungen wurden keine beobachtet“ finde ich allerdings heftig.

    Und für mich bleibt die Frage offen: Wie soll ich als „Nur-Patien“ die Augen offenhalten, was die Statistiken über die Medikamente angeht? Das übersteigt meine fachlichen Kompetenzen doch erheblich.

    Liebe Grüße,
    Stjama

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    1. Richtig gemachte Studien und Statistiken sind wohl was wert – und auch die gibt es. Dass man als Laie keine Einsicht in das hat, sehe ich auch. Manchmal ist es selbst als Fachperson schwierig Einblick in die Studien zu bekommen / respektive sie richtig zu interpretieren.

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  3. Hallo liebe Pharmama. Erstmal vielen Dank für die schönen Beiträge auf Deinem Blog, ich lese immer gerne mit. Heute allerdings muss ich mal was sagen, denn so kann ich diesen Beitrag nicht stehen lassen. Ich habe eben schon mal kommentiert, aber das hat dann mein Browser verschluckt – keine Ahnung, ob das noch in den Tiefen Deiner Webseite zu finden ist. Jetzt also noch mal.
    Augen auf – das ist ein guter Rat. Allerdings wäre es schön, wenn er auch für die Kritik am Studiensystem gelten würde.
    Zum einen – natürlich sind es die Pharmafirmen, die die Studien durchführen. Erforschung von Medikamenten kostet viel, viel Geld und auch die Durchführung von Studien kostet viel Geld. Wer soll das bezahlen, wenn nicht diejenigen, die hinterher die Medikamente verkaufen dürfen? Damit das aber eben kein Freifahrtschein ist, können sie nicht einfach irgendwas machen – jede Studie wird von einer unabhängigen Ethikkommission (und das sind die wirklich!) und von staatlichen Behörden vor dem Start geprüft (in DL sind das das BfArM oder das PEI). Erst wenn das Studienprotokoll (samt der Auswertung, die hinterher stattfindet) von den Behörden genehmigt ist (die gucken vor allem auf Patientensicherheit und auf den „Benefit“, also was das am Ende für die Patienten dieser Erkrankung bringt), dann erst kann die Studie starten. Sie wird von Studienärzten nach strengen Regeln (GCP – Good Clinical Practice) durchgeführt und über die gesamte Studiendauer streng kontrolliert (das ist unter anderem das, was ich beruflich tue). Dann werden die Ergebnisse ausgewertet. Diese Auswertung wird dann der Zulassungsbehörde zugestellt, die dann entscheidet, ob das Medikament auf den Markt kommen darf. Was dann die Marketingabteilung des Pharmakonzerns daraus macht, DAS steht auf einem anderen Blatt.
    Ich will nicht sagen, dass man hier nicht betrügen kann – wer das will, schafft es auch. Aber es ist verdammt schwierig, das alles auszuhebeln, um eine Zulassung für etwas zu kriegen, das nicht valide ist.
    Und – natürlich wird hinterher weiter geschaut, wenn das Medikament auf dem Markt ist. Gut so! Denn natürlich kann man in einer Studie nie so viele Leute erreichen wie auf dem freien Markt. Wenn dann was auftaucht, wird das Medikament wieder vom Markt genommen. Es gibt halt keine 100%ige Sicherheit, aber es wird alles gemacht, um da dran zu kommen. Gerade auch von den Pharmafirmen. Denn was bringt es denen, wenn ein Medikament irre viel Geld kostet und dann nach kurzer Zeit verschwinden muss? Da hat keiner was von, und so kurzsichtig sind die nicht. Richtig viel Geld verdienen sie nur mit Medikamenten, die richtig gut wirken.

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    1. Danke vielmals für deine ausführliche Antwort, die so natürlich auch absolut stimmt. Ich bin auch nicht dagegen, dass die Firmen, die ein neues Medikament entwickelt haben (was laaange dauert und viel kostet) danach damit Geld verdienen. Ansonsten würden sie die Forschung wegen Unrentabilität nämlich bald einmal einstellen.

      In letzter Zeit habe ich aber häufig das Gefühl, dass eher wenig wirklich originelles auf den Markt kommt. Ich sehe Generika (tonnenweise), viele „Ich-auch“ Präparate – mit sehr geringen Änderungen am Original-Wirkstoff, oder „nur“ Veränderungen an der Galenik (Retard-Formulierungen etc). Und wenn ich dann so Vergleiche sehe, wie die oben (verschiedene Wirkstoffmenge) – dann … ärgert mich das ein bisschen, weil ich denke, da versucht jemand einen für dumm zu verkaufen.

      Das ist eher mein Problem, nicht die neuen Medikamente – auch wenn es auch da ein paar Ungereimtheiten gibt … z.B. letztens mit Avandia?

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      1. Ich finde der Punkt „Test nicht nur gegen Placebo sondern gegen Standardtherapie“ muss viel mehr betont werden. Das ist naemlich noch nicht Standard. Auch die Frage nach den patientenrelevanten Endpunkten ist immer wieder spannend.

        Uebrigens: Die sogenannten forschenden Pharmaunternehmen profitieren bei der Entwicklung von Wirkprinzipien und -stoffen ganz massiv von der universitaeren Forschung in den USA. Sehr oft werden dort die Entwicklungen gemacht und die klinische Erforschung erfolgt dann bei den grossen Unternehmen, was natuerlich viel Geld kostet. Andererseits geniessen neue Medikamente auch Patentschutz und sie u.U. dann ein Monopol. Und man sollte auch nicht vergessen, dass alle grossen Pharmaunternehmen mehr Personal im Marketing als in der Forschung beschaeftigen!

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      2. Kein Widerspruch von meiner Seite. Aber Klinische Forschung mit Studien und Generika-Vermarktung sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das erste ist hat mit Neuzulassung von Medikamenten zu tun (auch Zulassung von Medikamenten, die schon auf dem Markt sind für andere Indikationen), das andere mit ablaufenden Patenten und Marketing. Und dass Marketing versucht, Zeug zu verkaufen, ist ja nicht nur in der Pharmabranche so. Nur sollte man das nicht in einen Topf werfen, finde ich.

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  4. Das Problem bei solchen Pharmastudien ist oft, dass sie marginale Verbesserungen in der Wirksamkeit beweisen sollen, damit man das der Menschheit andrehen kann, denn ansonsten zahlt sich die ganze Entwicklung nicht aus.

    Also biegt man sich das so hin, dass es besser aussieht als es ist. Statistik ist nicht das Problem, sondern die Fallstricke darin.

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  5. Wobei man auch eine Lanze für die Pharmafirmen brechen muss:

    In einer Studie kann man gar nicht alle möglichen Nebenwirkungen erfasssen.

    Wenn z. B. genetische Faktoren oder anderes nur im milli-mikro Bereich einer Population auftreten, wie soll man das in einer Studie mit ein paar Hundert Patienten auch rausfinden können?

    Ebenso kann man nicht jedesmal bevor man ein Medikament auf den Markt bringt 20 Jahre lang warten um auch irgendwelche chronischen Effekte zu berücksichtigen.

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  6. pharmama, federkiel, fingerhut86: ja, ihr habt recht.

    natürlich wird bei klinischen studien betrogen: von den ärzten die vergessen werte einzutragen und dann phantasiezahlen eintragen. von beauftragten, die dasselbe tun.von patienten, die falsche angaben zu ihren vorerkrankungen oder ihrem gesundheitsstatus machen. von patienten, die medikamente nicht einnehmen und dann die wirkungen einfach zusammenphantasieren. und so weiter. sucht mal schön in den studienprotokollen, die u.U. ein paar hundert ordner umfassen: schon versucht, kein vergleich.

    langzeitstudien: ja ne, is klar. dauern ein paar jahre, so von fünf bis zehn aufwärts. an so zehntausend oder mehr gemischten patienten: wie, bitte, sollte das in realiter gemacht werden?

    daher gibt es die post marketing surveillance – also die „beobachtungen nach markteinführung“, in die alle möglichen effekte einfliessen, wenn sie denn bewiesen sind. da ist dann das patientenpotential relativ repräsentativ, weil gross genug, um auch seltene nebenwirkgungen z.b. entdecken zu können.

    die bedeutung des satzes „nebenwirkugnen wurden keine beobachtet“: dieser satz sollte allerdings eher heissen „nebenwirkungen wurden keine gemeldet“, da lass ich mit mir reden.

    aber, verehrte patienten und -innen, ebenso aber auch liebe ärzte und -innen, studenten und -innen, und auch apotheker und -innen, und solche die es noch werden wollen: wieviele nebenwirkungen oder vermutete wechselwirkungen hamma denn schon gemeldet an die zuständigen behörden im laufe unseres lebens? schimpft doch jeder immer über die ellenlangen beipackzettel, die man lesen muss, und über die verunsicherung durch die vielen möglichen negativen wirkungen, nicht wahr?

    wie oft hamma denn schon dem arzt, dem apotheker, oder eben der jeweils zuständigen behörde einen ordentlichen bericht geschickt über das, was uns so merkwürdig vorgekommen ist nach einnahme eines pulverls?

    steht doch aber auch im beipackzettel, dass man das tun soll: „wenn sie eine dieser oder eine andere, hier nicht aufgeführte nebenwirkung bei sich oder einem anderen patienten … teilen sie dies … mit!“ gehört ein solches verhalten nicht eigentlich – ich mein ja nur – auch zur verantwortung unseren mitmenschen gegenüber, die wir doch vor schaden bewahren wollen/sollen? und so weiter und so fort.

    aber die meisten menschen, die ich darauf anspreche, erklären mir dann immer, sie wollten dem arzt/apotheker/wem-auch-immer keine arbeit machen, sich nicht wichtig machen, und so weiter.

    was, bitte, denken sich diese menschen eigentlich, wenn sie denn überhaupt denken?

    und jetzt noch einmal, ganz ehrlich: wer hat schon mal eine nebenwirkung gemeldet, so dass dann die pharmafirma oder die gesundheitsbehörde auch was mit der meldung anfangen konnte? würde mich wirklich interessieren.

    sehen sie. und das ist ein gefahrenpotential, über das wiederum keiner was schreibt. ausser mir hier.

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    1. Einen Punk möchte ich aus dem Beitrag von Kelef ansprechen, der mir „auf der Seele liegt“: der Beipackzettel.
      Falls man überhaupt in der Lage ist, den Zettel zu lesen (Schriftgröße), kommt man als Patient doch schnell an die Grenzen, zum Einen wegen des Fachchinesisch, zum Anderen, weil man doch sehr schnell den Eindruck gewinnt, dass es hierbei ausschliesslich darum geht, evtl. Regressforderungen im Keim zu ersticken.
      Für mich steht als Zusammenfassung auf nahezu jedem Beipackzettel der Satz: „Wenn Sie die Behandlung mit diesem Medikament überleben, grenzt dies an ein Wunder!“ Ist das Aufklärung? Aber hierzu sagt das Zulassungsorgan oder gar der Gesetzgeber NICHTS!

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      1. Doch, der Gesetzgeber sagt schon etwas, zumindest der deutsche Gesetzgeber.

        Nach §84 Arzneimittelgesetz kann ein Hersteller durchaus in Regress genommen werden. Er kann sich nicht einfach durch den Beipackzettel aus der Verantwortung stehlen.

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      2. Der meist ellenlange Beipackzettel resultiert hauptsächlich aus gesetzlichen Vorgaben und natürlich der Absicherung der Firmen vor Haftungsansprüchen. Der Beipackzettel für ein Medikament darf auch nicht „einfach so“ geschrieben werden, sondern der Arzneimittelhersteller muss seinen Text-Entwurf, seine Zutatenliste und die Studien beim BfArm einreichen. Das BfArm prüft das Ganze und gibt dann dem Hersteller die genauen Formulierungen vor, die er in seinen Beipackzettel schreiben muss bzw. was er noch in seinem Entwurf ergänzen muss. Diese Vorgaben sind sehr streng. Gesetzliche Verpflichtungen und die Absicherung von Haftungsansprüchen auf einem kleinen Blatt Papier unterzubringen, ist schon nicht einfach.
        Unter diesen Bedingungen auch etwas Verständliches zusammenzustellen, ist verdammt schwierig.

        Trotzdem ist ein Beipackzettel wichtig und auch nützlich. Er hilft, richtig verstanden und interpretiert, den Patienten, Fehler bei der Anwendung zu vermeiden, z.B. wenn er bei seinem Arzt vergessen hat, zu sagen, dass er auch noch andere Medikamente nimmt, die möglicherweise die Wirkung dieses neuen Medikaments stören können. Natürlich kann man nicht erwarten, dass Patienten die medizinische Fachsprache versteht. Aber man kann erwarten, dass er sich im Zweifel an seinen Arzt oder Apotheker wendet und nachfragt, wenn etwas unklar ist. Medikamente wegwerfen, nur weil die Beipackzettel unverständlich sind, ist kontraproduktiv, denn so riskiert der Patient möglicherweise eine Verschlimmerung seiner Erkrankung.
        Aussdem ist es der Job des Arztes und Apothekers (und nicht des Beipackzettels), dem Patienten die Risiken und Nebenwirkungen – aber auch den Nutzen des Medikaments zu erklären. Das darf ein Patient ruhig einfordern.

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      3. mein wunder punkt: der beipackzettel. den in der zwischenzeit die europäische agentur schreibt. mitsamt den übersetzungen.

        eines meiner lieblingswörter: diuretika (in der fachinformation). kriegt die firma einen deutschen deutsch-übersetzer, dann heisst das dann vielfach „wassertablette“. kriegt die firma einen österreichischen deutsch-übersetzer, dann heisst das : „medikament zur entwässerung“. und glauben sie mir: JEDER österreicher versteht unter „wassertablette“ eine tablette, mit der man ungeniessbares wasser genussfähig machen kann.

        meddra: http://www.meddramsso.com/ machts möglich. und wehe dem, der widerspricht. die beipackzettel in europa entspringen beileibe nicht der juristischen abteilung des jeweiligen zulassungsinhabers (das wäre allerdings noch schlimmer), sondern den merkwürdig tickenden hirnen der mitglieder der europäischen kommission. die ja jetzt auch ein „readability testing“ vorschreibt. zu dem mir zuständige verschiedener pharmafirmen mitteilten, sie wüssten nicht woher sie die testleser nehmen sollten, daher nähmen sie einfach ein paar leute aus dem marketing, der medizinischen abteilung, etc.. mein liebreicher hinweis, man sollte doch eher die klofrau, den parkplatzwächter und den tankwart nehmen, stempelte mich zur querulantin.

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        1. Also „Wassertablette“ dürfte man hier auch nicht schreiben, da würden alle sie nehmen, indem sie sie in ein Glas Wasser werfen.

          Das mit dem Gegenlesen durch die Klofrau und dem Parkplatzwächter macht wesentlich mehr Sinn, als die Leute, die schon eine Ahnung haben von den Fachwörtern etc. Auf das „Querulantin“ wäre ich stolz :-)

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  7. „langzeitstudien: ja ne, is klar. dauern ein paar jahre, so von fünf bis zehn aufwärts. an so zehntausend oder mehr gemischten patienten: wie, bitte, sollte das in realiter gemacht werden?“

    Wenn die Therapie vorbei ist, behält man die Kontaktdaten der Patienten und schaut nach 5 nochmal vorbei, erfasst ob diese Menschen noch leben – das 5-Year-Survival hat man damit schonmal erfasst. Dazu braucht man natürlich solide Buchführung und man muss das Studiendesign von Anfang an so gestalten, dass nach 5 Jahren noch genug Leute ermittelbar sind, um einen eventuell vorhandenen Unterschied mit einer gewissen Signifikanz nachweisen zu können.

    Für Zeiträume größer als ein paar Jahrzehnte, aber mit etwas weniger Aussagekraft, kann man Fall-Kontroll-Studien machen oder langfristige Beobachtungsstudien wie z.B. diese hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Framingham_Heart_Study

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    1. „Wenn die Therapie vorbei ist, behält man die Kontaktdaten der Patienten und schaut nach 5 nochmal vorbei, erfasst ob diese Menschen noch leben“: überleben ist natürlich gut, aber dass patienten an medikamenten sterben ist ja grundsätzlich eher selten, gemessen an der zahl möglicher unerwünschter wirkungen. nach fünf jahren zu kommen und „alle da – keiner tot“ jubeln zu können ist nicht alles, denke ich.

      solche exoten wie die angeführte studie gibt es – gott sei dank – immer. auch bei onkologischen präparaten wird auf die 5-year-survival durchaus wert gelegt. und die kann man nur erfassen, wenn die patienten verfügbar sind. und die vergleichsgruppen, natürlich. hier ist aber die patienten-compliance aus begreiflichen gründen wesentlich höher als bei den meisten anderen medikamenten.

      es hat sich schon vor langer zeit gezeigt dass die patienten- und auch ärzte-compliance stark nachlässt wenn ein derartiges studiendesign auch nur angesprochen wird. zum teil entspringt das vielfach dem gefühl: wenn so lange überwacht werden muss, dann weiss der hersteller vielleicht dass was im busch ist.

      und dann: heute, wo menschen viel öfter übersiedeln, heiraten, sich scheiden lassen, den arzt und die krankenkasse wechseln – da bräuchte man vermutlich eine elektronische fussfessel um die probanden nach fünf jahren wieder einzusammeln.

      zudem würden krankenhäuser und ärzte sich weigern mitzuarbeiten. studien werden aus verschiedenen gründen ja meist in krankenhäusern begonnen, bei einer 5-jahres-kontrolle müssten also die betreuenden klinikärzte immer noch an ort und stelle sein, und zudem alle unterlagen mitsamt den weiterzuführenden protokollen an die weiterbehandelnden ärzte weitergereicht haben, und diese weiterbehandelnden ärzte müssten die betreffenden ärzte immer über alles informieren (auch die geringste kleinigkeit), und die patienten müssten bei einem arztwechsel immer alle akten und unterlagen mitnehmen.

      von regelmässigen laboruntersuchungen, ekgs, mrts etcs. reden wir hier gar nicht. würde die verrechnung dann der studie zugeordnet oder den „normalen“ untersuchungen – und wie sollte der verordnende arzt das gegenüber dem leistungsträger begründen?

      natürlich wäre es schön, wenn es sowas gäbe. aber ich fürchte, das liesse sich nur in geschlossenen anstalten verwirklichen, und die ergebnisse derartiger studen wären – wegen der notwendigen begleitmedikationen – wiederum nicht repräsentativ. repräsentativ wärenauch nur die ergebnisse von, sagen wir einmal, mindestens 10.000 patienten. 100.000 wären besser, aber wahrscheinlich auch nicht genug um wirklich alle möglichen neben- und wechselwirkungen etc. zu erfassen.

      es bleibt also wiederum: melden sie doch unerwünschte wirkungen bitte ordnungsgemäss an die zuständigen stellen, und fragen sie gerne auch einmal nach, ob arzt oder apotheker ihre meldung weitergeleitet haben, lassen sie sich eine kopie der meldung geben, oder fragen sie nach was das ergebnis ihrer meldung war.

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      1. Ähm… was ich geschrieben habe ist kein Vorschlag, von dem wir debattieren müssen, ob der realistisch ist, sondern die Praxis ;)

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        1. ein wenig kenn ich die praxis auch – aber erst seit ungefähr bald vierzig jahren. mitsamt den damaligen und heutigen dokumentationen, dokumentationspraktiken und allem was dazugehört.

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        2. Ach… Ignorieren sie bitte den vorigen Kommentar. Der war unüberlegt. Entschuldigung.

          Mich irritiert halt, dass es bei Ihnen klingt, als wäre es völlig illusorisch, eine Studie mit einem Follow-Up von 5 Jahren durchzuführen – andererseits ist 5-Year-Survival ja ein völlig üblicher Endpunkt. Wahrscheinlich reden wir irgendwie aneinander vorbei.

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        3. Es kommt immer darauf an, welche Indikation das ist. Ein Follow up von 5 Jahren ist zum Beispiel für Krebsmedikamente üblich, zum Teil auch länger. Natürlich nimmt die Compliance mit der Zeit ab (der Patienten, die sagen „Ich bin doch geheilt, ich will nichts mehr damit zu tun haben“ und der Ärzte auch (weil sie von ihren Chefs zu den Studien verdonnert werden oder wieder neue Studien zu betreuen haben). Leider sind gerade bei solchen Studien die Daten am Ende besonders wichtig. Das wird dann auch einkalkuliert und mit einer entsprechend hohen Patientenzahl begonnen. Es geht, wenn es muss.

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  8. Mein bester Freund in medizinischen Fragen ist aus diesen Gründen die Homepage des IQWiG, bzw. die von diesem Institut betriebene auch für Laien verständliche Seite „gesundheitsinformation.de“, die sich der evidenzbasierten Medizin verschrieben hat. Die Mitarbeiter bewerten medizinische Studien (nicht nur, aber auch zu Medikamenten) und werden aus Steuermitteln bezahlt – deshalb können sie sich Unabhängigkeit leisten. Natürlich läuft dort sicher auch nicht alles perfekt, aber etwas Seriöseres kenne ich nicht (außer vielleicht das US-Pendant dazu).

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  9. @NK: nur survival >5 jahre ist zuwenig, es geht ja auch um andere dinge wie wirksamkeit, unerwünschte wirkungen, lebensqualität der patienten. die 5-jahres-marke findet hauptsächlich bei krebsbehandlungen beachtung: wer nach 5 jahren noch überlebt gilt als geheilt. das gleiche gilt auch für eine anzahl von herz- und gefässerkrankungen.

    natürlich ist es nicht illusorisch, eine 5-jahres-follow-up zu machen. aber der 23jährige proband hat mit 28 seinen doktor, lebt und arbeitet womöglich am anderen ende des landes, der wird mit hoher wahrscheinlichkeit kein interesse daran haben sich urlaub zu nehmen um sich auf herz und nieren untersuchen zu lassen. und wie soll man den finden wenn er nicht freiwillig jeden wohnungswechsel bekanntgibt?

    und es ist nicht so, dass die industrie (manchmal) und die behörden (eigentlich immer) sich nicht wünschen studien über ein paar jahrzehnte machen/haben zu können. funktioniert nur aus den o.a. gründen nur sehr bedingt.

    viele patienten, denen eine studienteilnahme angeboten wird, meinen man wolle sie als versuchskaninchen missbrauchen und haben einfach angst. wenn diesen patienten dann gesagt wird, man möchte sie in 5, 10, 15 und 20 jahren jeweils wieder untersuchen und befragen, werden sie panisch.

    ausserdem ändert sich in so langer zeit so viel an, in und rund um die menschen, dass die ergebnisse wiederum nicht sonderlich gut vergleichbar und daher nur sehr bedingt aussagekräftig wären. das zu untersuchende patientenpotential müsste also tatsächlich bei einigen präparaten so um die 100.000 zu beginn der studie sein, um dann nach 20 jahren noch vernünftige ergebnisse erhalten zu können. geburten, unfälle, veränderte lebenssituationen (erst körperliche arbeit, dann schreibtischjob, z.b.), arbeitslosigkeit und karriereschub, scheidungen etc. und die daraus folgenden, teils wohl auch alterungsbedingten, wehwehchen müssten ja, um ein eindeutiges ergebnis zu erhalten, aussortiert oder entsprechend bewertet werden.

    deshalb bemühen sich die behörden ja so um die neben- und wechselwirkungsmeldungen. bei neu zugelassenen präparaten ist die frist für die vorlage entsprechender auswertung meist 6 monate, dann noch einmal sechs monate, dann ein jahr, zusätzlich zur normalen verpflichtung der meldung unerwünschter ereignisse. so versucht man sicherzustellen dass schnell reagiert werden kann.

    all das nutzt aber immer noch nix wenn die maltschi-tant dem doktor sagt dass ihr das mittel sooo gut tut, und zuhaus‘ schmeisst sie es ins klo, weil im beipackzettel steht sie könnt‘ kopfweh kriegen, das hat sie aber sowieso schon weil die enkerln den ganzen tag rund um sie herumplärren.

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  10. Ich bin Studienpatientin, und ich bin froh, dass ich mitmachen kann. Für mich persönlich wird da nichts bei „rausspringen“, aber wenn die Ergebnisse anderen helfen, ist es das wert, finde ich. Mein Arzt hat alles gut erklärt. Ich habe auch viel nachgefragt, gerade wegen der Sache mit „Vergleich zu Standardtherpie“. Man darf da als Patient nicht scheu sein, nachzufragen.
    Ich fühle mich in der Studie jedenfalls sehr wohl, obwohl es auch anstrengend ist, weil ständig gefragt wird, was für Nebenwirkungen ich denn hatte. Da fängt man an, eine Liste zu führen, weil man das auch schnell wieder vergißt.
    Was natürlich am Ende dabei ausgewertet wird, bekommt man als Patient ja auch nicht mit. Aber ich habe den Eindruck, dass das zumindest bei meinem Arzt gewissenhaft gemacht wird.

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  11. Was mir da noch spontan einfällt – oft bekommt man gar nicht mit, ob man in irgendeiner Studie ist, weil zb nur, wie bei mir, nach ein paar Daten gefragt wird, nach dem Tumor und ob der Patient überhaupt noch lebt ^^
    Und – gerade die Kontrollgruppe ist nicht unbedingt machbar. Gab eine Menge Studien, die abgebrochen werden mussten, weil die Kontrollpatienten immer mehr gelitten haben oder schlicht und einfach gestorben sind….
    Auch ist es bei selteneren Erkrankungen wesentlich schwieriger, große Gruppen zu bilden; Vergleich über langen Zeitraum werden von der Entwicklung beeinflusst – haben die heutigen Patienten länger überlebt, weil die Medis besser sind oder eher deshalb, weil die Erkrankung aufgrund der Entwicklung früher erkannt wurde?

    Was NWs angeht, die melde ich meinem Arzt eigentl automatisch, bezweifle aber, dass das weitergereicht wird – gerade, wenn man irgendwie eine Ausnahme ist. Zb bin ich gegen Ibuprofen allergisch. Allerdings weiß ich nicht, gegen was der Bestandteile. Kann mir nicht vorstellen, dass das den Herstellen viel bringen würde…

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    1. „Gab eine Menge Studien, die abgebrochen werden mussten, weil die Kontrollpatienten immer mehr gelitten haben oder schlicht und einfach gestorben sind….“
      Inwiefern? Woher hast du das?

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  12. Sorry übrigens, wenn meine Kommentare mitunter komisch wirken. Ich kenne Studien ausschließlich aus zwei Vorlesungen zum Thema. Die werden vom Institut für Epidemiologie und Statistik hier gemacht, das auch selbst, beispielsweise die Mediziner der Uniklinik, in Sachen Studienplanung und Druchführung berät, schult und auch selbst durchführt. Uns wurden die vielfältigen Probleme in dem Zusammenhang dargelegt, viel aus der Praxis erzählt, sodass ich glaube, ein sehr solides Grundwissen zu dem Thema zu haben, ich schätze mal, solider als der Großteil der Naturwissenschaftler. Dennoch: Erfahrungen aus erster Hand habe ich mit Studiendurchführung nicht und ich bin mir dessen bewusst.

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  13. die patienten der kontrollgruppen haben mitunter einen grösseren leidensdruck wenn sie wissen, dass sie ein placebo bekommen, oder eine „veraltete“ therapie. oder auch dann, wenn das neue mittel im moment besser wirkt als das alte.

    bei onkologischen studien sterben nun einmal eine menge patienten, deshalb ja das zu beginn der kommentare schon mehrfach erwähnte 5-years-follow-up.

    und ach ja, die nebenwirkungsmeldungen: es ist bekannt, dass eine menge leute ibuprofen nicht vertragen. solange sich jeder, der es nicht verträgt, auf den standpunkt stellt „bin ich halt einer von denen“, wird: nix passieren.

    wenn jeder, der nachvollziehbare unerwünschte wirkungen bei sich oder anderen patienten feststellt, diese an die zuständige behörde melden „tun taten täterte“ (schon wieder der konjunktiv, herrjeh), was meinen sie, wie schnell das mittel ganz andere warnhinweise im beipackzettel hätte oder überhaupt vom markt wäre. aber je nun.

    @hajo, wenn sie hier noch hereinschauen, nur so zum beispiel: wie oft haben sie denn schon gemeldet?

    @pharmama: wie schaut es mit ihnen aus?

    wer der als angehöriger der gesundheitsberufe zur meldung verpflichtete outet sich???

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    1. Zugegeben: Nicht sehr viele. In den letzten 10 Jahren vielleicht 4.

      Das Problem ist häufig, dass eine Nebenwirkung nicht so nachvollziehbar ist, wie man das gerne hätte. Zum Beispiel sollte man eigentlich bei Auftreten eine Pause machen mit der Medikation, dann sie wieder nehmen und wenn die Nebenwirkung wieder auftritt, liegt es sicher an dem. Aber: Häufiger wird nicht nochmal getestet, lieber wechselt man gleich die Medikation.
      Häufig sind bei uns gemeldete Nebenwirkungen auch die wirklich klassischen – oder dann schon in der Packungsbeilage aufgenommen.
      Oder ich bekomme z.B. eine Meldung, dass nach der Grippeimpfung (1 Tag später) der Körper des Patienten während einer halben Stunde „gesummt“ hat. Eine genauere Beschreibung habe ich nicht aus ihm herausbekommen. Es hat auch von selbst wieder aufgehört. Das habe ich bei uns aufgenommen und denen gemeldet, die über die Grippeimpfung eine Statistik führen, aber nicht der Swissmedic.

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      1. sehen sie. und was sagt swissmedic:

        Was und wann melden?

        Gemäss dem neuen Heilmittelgesetz, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, müssen schwerwiegende, bisher unbekannte oder in der Fachinformation des betreffenden Medikamentes ungenügend erwähnte sowie weitere medizinisch wichtige unerwünschte Wirkungen gemeldet werden.

        Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen sind solche, die

        * tödlich verlaufen
        * lebensbedrohend sind
        * zu einer Hospitalisation oder deren Verlängerung führen
        * schwere oder bleibende Schäden verursachen
        * sonst als medizinisch wichtig zu beurteilen sind (z.B. wenn durch eine rechtzeitige medizinische Intervention eine der oben erwähnten Situationen hat vermieden werden können)

        Solche unerwünschte Wirkungen sollen innert 15 Tagen nach Kenntnis gemeldet werden, nicht schwerwiegende unerwünschte Wirkungen innert 60 Tagen.

        Der Kausalzusammenhang zwischen einem Ereignis und einem Medikament muss nicht nachgewiesen werden: der Verdacht alleine reicht, um zu melden.

        Meldungen über Missbrauch, Abhängigkeit und Sucht entsprechen zwar nicht der WHO-Definition einer unerwünschten Wirkung, da diese sich auf Ereignisse bezieht, die unter dem üblichen Gebrauch in normalen Dosen nicht vorkommen. Solche Meldungen sind trotzdem wichtig für die Beurteilung der Sicherheit eines Medikamentes und sollten deswegen ebenfalls an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden.

        der VERDACHT auf einen zusammenhang reicht. eine ähnliche formulierung findet sich im übrigen in den meisten europäischen gesetzen zu diesem thema.

        auch die pharmakovigilance working party der ema vertitt diesen standpunkt betreffend die zental für die eu zugelassenen produkte.

        auswertung, beurteilung und nachfolgende konsequenzen sind angelegenheiten der zulassenden staaten oder eben der ema.

        oder wie kommen die prozentzahlen der nebenwirkungsauftritte und die änderungen derselben in die fach- und gebrauchsinformationen?

        den pharmafirmen kann man bei gott viel vorwerfen, auch in betreff auf studien, gar keine frage. aber was unerwünschte wirkungen betrifft, da ist die mitarbeit von patienten, ärzten und apothekern notwendig.

        „querulantin“ trage ich quasi als diplom, übrigens.

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  14. Man muss das gut auseinander halten. In Deutschland werden keine Schmerz- oder Krebsstudien gegen Placebo gemacht. Keine Ethinkkommission lässt so etwas durchgehen, und kein Arzt, den ich kenne, würde so etwas mitmachen. Neue Krebsmedikamente werden gegen die ethablierte Standardtherapie getestet. Die Patienten im Vergleichsarm sind damit nicht schlechter dran als diejenigen, die nicht teilnehmen. Diese Studien sind auch nicht verblindet. Randomisiert (weder Patient noch Arzt hat Einfluss darauf, in welchen Behandlungsarm der Patient kommt), aber jeder der Beteiligten weiß, welche Behandlung er bekommt. Anders ist eine Chemotherapie zum Beispiel nicht zu verantworten.
    Es ist bei diesen Diskussionen immer schwierig – es gibt so viele Studiendesigns wie es Studien gibt. Da wird gerne in einen Topf geworfen, was nicht zu vergleichen ist.

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    1. Es ist richtig, dass bei Krebsmedikamenten gegen die etablierte Standardtherapie getestet wird, da das anders wirklich ethisch nicht vertretbar wäre.

      Ich möchte allerdings anmerken, dass hier in klinischen Studien die Verumgruppe >neues Medikament + StandardtherapiePlacebo + Standardtherapie< erhält.
      Somit kann man schon feststellen, ob das neue Medikament die mittlere Überlebenszeit gegenüber Placebo erhöht.

      Neue Krebsmedikamente sind daher gegenwärtig auch nur dann zugelassen (und dürfen eigentlich nur dann angewendet werden), wenn die "alten" Krebsmedikamente wirkungslos geworden sind. Alles andere ist Off-Label-Use.

      Anmerkung: Wobei nach gegenwärtigem Stand bei Krebs eine Erhöhung der Überlebenszeit von 3 Monaten (und anschliessendem Tod des Patienten) gegenwärtig ein Erfolg ist. Mehr ist momentan leider nicht drin.

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    2. Da hat mir das Blogprogramm einen Satz verhunzt, der sollte so lauten:

      „Ich möchte allerdings anmerken, dass hier in klinischen Studien die Verumgruppe *neues Medikament + Standardtherapie* und die Placebogruppe *Placebo + Standardtherapie* erhält.“

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      1. Wenn die Studie nicht verblindet ist, gibt es kein Placebo, das macht keinen Sinn. Und viele Krebs- oder auch Schmerzstudien sind nicht verblindet, das bedeutet aber nicht, dass sie weniger aussagekräftig sind. Es ist eine Frage, was getestet werden soll/muss, danach wird das Design festgelegt. Es ist ein Unterschied, ob es sich um ein neues Chemotherapeutikum handelt oder zum Beispiel um einen Antikörper.
        Und was die Erhöhung der Überlebenszeit von Krebspatienten angeht – bitte keine Pauschalierungen. Jeder Krebs ist anders und auch die Heilungschancen sind da sehr unterschiedlich.

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        1. Unter einem „neuem Chemotherapeutikum“ habe ich monoklonale Antikörper, Antikörperfragmente und Oligonukleotide verstanden und weniger die chemischen Arzneistoffe.

          Natürlich ist jeder Krebs anders und ich wollte auch nicht pauschalisieren.

          Die Information, dass Krebsstudien per se unverblindet sind, ist mir persönlich allerdings neu. Ich nehme an, dass es da durchaus auch doppelblinde Studien gibt, das dürfte aber davon abhängen in welcher Phase der Zulassung sich das Medikament befindet.

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  15. Was wenn ein Medikament wirklich nützt statt schadet? Geheilte Patienten sind für die Pharma-Lobby uninteressant …

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  16. @Pharmama: Super Beitrag zu dem Wert von wissenschaftlichen Studien.

    Zwei Punkte hast Du leider nicht gebracht:
    1.) Der Unterschied in den Balkendiagrammen muss auch signifikant sein. Dazu muss man sich auch die Standardabweichungen der unterschiedlichen Dosierungen ansehen.
    Wenn man hier bei den Balken Abweichungen von jeweils +- 10% hat, gibt es zwischen den Formulierungen keinen Unterschied.

    2.) Zum Thema „Glucophage“ (Medikament zur Behandlung von Diabetes) muss man sich auch noch das Studienziel (wie Du erwähnt hast) ansehen.
    Ging es dabei um eine stärkere Reduzierung des Blutzuckerspiegels? Dann ist die Studie sinnlos.
    Wichtig ist hier nämlich, ob der Patient aufgrund der stärkeren Blutzuckersenkung auch länger oder zumindest besser leben würde. Wenn das in der Studie nicht getestet wurde, ist die obige Studie eigentlich total sinnlos.
    Eine Reduzierung des Blutzuckerspiegels um 10% macht nämlich keinen Sinn, wenn der Patient dann nicht auch länger oder zumindest besser leben würde…

    Das wird gerne mal verwechselt.

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      1. Gern geschehen… ;-)

        Soweit ich informiert bin, ist übrigens bei einem Typ2-Diabetes (Altersdiabetes) die Wirksamkeit von Insulin, Metformin und Co. in Hinsicht auf eine längere Überlebenszeit eh noch nicht nachgewiesen oder zumindest strittig.
        Nachgewiesen wurde die Wirksamkeit von Insulin und Co. – soweit ich informiert bin – nur für den Typ1-Diabetes (dort auch definitver Nachweis der Wirksamkeit).

        Ist aber nicht mein Spezialgebiet und ich kann mich hier täuschen.

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