Alt und Neu: Kaliumiodid

Heute mal etwas besonderes:

Oben die alte, unten die neue Verpackung. Sieht gar nicht so alt aus, die alte – nicht?

Das ist ein Medikament das so nicht im Handel ist und trotzdem haben wir in der Apotheke einige davon an Lager. Dabei hoffe ich, es NIE brauchen zu müssen.

Warum? Ich darf Wikipedia zitieren:

Kaliumiodid hat im Strahlenschutz eine Bedeutung. In Form von Tabletten (umgangssprachlich als „Jodtabletten“ bezeichnet) wird Kaliumiodid bei Strahlenunfällen vorbeugend verabreicht. Die durch das Kaliumiodid bewirkte Iodblockade führt zu einer Verminderung der Aufnahme radioaktiven Iods (131I) in die Schilddrüse um den Faktor 90 und darüber.

In der Schweiz wird Kaliumiodid präventiv an die Bevölkerung im Umkreis von 20 km um Kernkraftwerke abgegeben. Das schweizerische Bundesamt für Gesundheit ordnet bei einem Unglücksfall die Einnahme der Kaliumiodidtabletten über Sirenenalarm und Radiomitteilungen an.

Also: Im Falle eines Reaktorunfalls oder sonst bei Austreten von Radioaktivität muss man das nehmen, damit sich das radioaktive Jod nicht in der Schilddrüse ansammelt und Krebs verursacht. Nicht nur die Bevölkerung um die Atomkraftwerke hat das bei sich zu Hause, in der Schweiz sind ausserdem die Schulen, Behörden, Krankenhäuser und Apotheken mit Packungen ausgerüstet – noch mehr dürften sich in den Militärbeständen befinden. Info siehe auch hier: http://www.kaliumiodid.ch/

Obige alte Packung stammt auch aus einer Schule. Die Packungen sind abgelaufen und sie haben neue bekommen- eigentlich hätten sie die alten direkt an die Armee zurückschicken sollen, aber gewisse fanden es einfacher, es in die Apotheke zu bringen zum entsorgen.

Kleiner Nachtrag: Das ist so ein Fall, wo das Verfalldatum der Tabletten absolut keinen Sinn macht. Die gehen nicht kaputt, der Wirkstoff baut sich nicht ab – trotzdem werden sie ausgetauscht.

33 Kommentare zu „Alt und Neu: Kaliumiodid

  1. Interessant!

    Sofern die Tabletten richitg gelagert sind, halten die sich wirklich ewig.

    Lediglich an Luft und Licht oxidiert ein Teil von KI zu Iod, was man daran erkennt, dass älteres Kaliumiodid oft braungefärbt ist.

    Das ist im übrigen auch der Grund warum Speisesalz mit – in dieser Hinsicht stabilerem – KaliumiodAT versetzt wird.

    (Wir Salz in der Schweiz auch iodiert und fluoriert?)

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  2. In der Schweiz haben die Leute so etwas Zuhause, wenn sie in der Nähe eines AKWs wohnen? In D muss man erst in die Apotheke gehen – wenn man noch kann – um sich im Falle eines Falles zu schützen. Allerdings, wenn man nicht mehr kann, nützen die Tabletten auch nichts mehr …
    Doch leider haben Apotheken immer zu, wenn ich einmal etwas dringend brauche ;-)

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    1. Dafür gibts ja den Apothekennotdienst…und wenn man sich davor schützen wollte, dann fiele das einem ja auch nicht nachts ein, oder?

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      1. ich glaube nicht dass man sich darauf verlassen kann dass derartige Unfälle nur tagsüber passieren. ;-)

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  3. Oh, danke für die Info zur Haltbarkeit.
    Wir haben das auch zuhause, wohnen nur 10 km vom nächsten AKW entfernt. Schon ein ganz eigenes Gefühl, wenn man das Willkommenspäckchen der neuen Wohngemeinde auspackt und unter anderem die rotweisse Schachtel darin findet *g*.
    @Ednong: klar, besonders sicher im Medizinschrank des jeweiligen Haushalts.

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  4. Bekommt man diese Tabletten eigentlich auch frei in der Apotheke? Denn im Falle eines Falles erst zur Apotheke zu müssen, stelle ich mir kontraproduktiv vor.

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  5. Oh, vielen Dank für diesen informativen Artikel. Ich frage mich aber trotzdem: warum werden denn bitte die Tabletten ausgetauscht, wenn es nicht notwendig ist? Ach so… ich dummerchen… damit die Verpackung schöner wird! :lol:
    Viele liebe Grüße, Martina

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    1. Weil in Apotheken auf alles ein Haltbarkeitsdatum drauf muss. Auch auf Sachen die in Real 1000 JAhre halten würden, kommt eine kiurze Zeitspanne.

      Bei mir auf der Uni haben wir auch zertifizierte Labore im Medizinbereich, die müssen z. B. auf jedes CHemikaliengebinde ein vorgegebenes Datum drauf machen und nach ablauf müssen die Sachen entsorgt werden und dürfen nicht mehr benutzt werden.
      Auch auf so Sachen wie Lösungsmittel (Aceton oder Isopropylalkohol).

      Ziemlich teuer das ganze und von der Ressourcenverschwendung mal ganz abgesehen…

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  6. Ich glaube, wenn ich mich 10 km neben einem verunfallten Atomreaktor befinde – also während des Unfalls – mache ich mir nicht primär um meine Schilddrüse Gedanken.

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    1. Primär dürfte der Sinn von Kaliumiodid-Tabletten auch durchaus darin bestehen, die Bevölkerung im Falle eines GAUs durch Gabe eines Placebomedikaments erstmal zu beruhigen…

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        1. Ich weiß nicht, ob der Satz jetzt ironisch gemeint war…

          Man könnte auf die Tabletten ja auch ein höheres Haltbarkeitsdatum drauf schreiben, beispielsweise: 10 Jahre. Stabilitätsuntersuchungen zu KI dürften ja vorliegen, das ist ja schließlich chemisch gesehen kein komplexer Stoff.
          Irgendwann (> 10 Jahre?) sollte aber auch Iodid zu Iod oxidiert sein und daher die Tablette wirkungslos werden.

          Anmerkung: Tabletten der dt. Bundeswehr sind allgemein deutlich länger haltbar als Tabletten, die in der Apo abgegeben werden (also nicht nur KI, sondern auch ASS, Paracetamol und Co). Diese Tabletten presst die BW selbst oder lässt sie über Lohnhersteller pressen. Diese Medikamente mit der Aufschrift „Bundeswehr“ erhält man auch nicht in der öffentlichen Apo, sondern nur im Sanitäts-Bereich einer Kaserne.
          Es geht also, wenn man will…

          Trotzdem, wie Tin@ schon schreibt: Wenn 10 km von einem entfernt ein GAU stattfindet, erreicht man mit den Tabletten nur, dass sich radioaktives Iod nicht in der Schilddrüse ansammelt. Die Verstrahlung durch Gammastrahlung und Fallout, die den ganzen Körper betrifft, sollte aber zu deutlich mehr Todesfällen führen, wie die Einlagerung von radioaktivem Iod in die Schilddrüse.

          Das ganze hat daher schon das „Gschmäckle“ eines Medis, das man mal zur Beruhigung gibt.

          Schaden tut aber das Schlucken von KI-Tabletten sicherlich auch nix.

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  7. Irgendwie ist es ein seltsames Gefühl dass wir erst vor ein paar Tagen über die Möglichkeite eines GAUs geschrieben haben und nun Japan kurz vor einem steht…
    Ich hoffe sehr, dass es nicht zum schlimmsten kommt, aber was man hört ist nicht sehr gut.
    :(

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    1. Ist wirklich verdammt erschreckend, was da gerade passiert.
      Und ich bleib mal kurz bei meiner Meinung: Wenn ich im Umkreis von 50 km von dem Reaktor Fukushima entfernt wohnen würde, würde ich mich JETZT ins Auto setzen und so schnell wie möglich soweit wie möglich entfernt abhauen, anstatt jetzt blöde Iodtabletten zu schlucken.

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      1. Aber wenn das nicht geht? Straßen und Schienen zerstört? Klar, im Zweifelsfalle würde man mit seinen Lieben an der Hand los laufen. Aber mal so unter uns: Dann hätte ich gerne ein paar von den Placebo (helfen die nicht wenigstens ein ganz kleines bißchen?).

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        1. Wie Pharmama unten schon schreibt: Die Iodtabletten vermindern das Risiko an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Sie sind daher kein Placebo und es handelt sich schon um ein vernünftiges Medikament.
          Wenn ich da nicht mehr wegkommen kann, würde ich die Tabletten auch schlucken, um das Risiko einer Strahlenerkrankung zumindest ein klein wenig zu senken.
          Aber leider vermindern sie nur das Risiko, SCHILDDRÜSENKREBS zu bekommen, die größte Anzahl an Leuten wird an Strahlenvergiftungen oder anderen Krebserkrankungen infolge Fallout und Gammastrahlung sterben, wenn das Ding hochgeht (oder bereits hochgegangen ist).

          Was mich bei Kaliumiodid stört, ist die Tatsache, dass das dann im Ernstfall als Allheilmittel bei nem Reaktorunfall verkauft wird. Es erinnert mich da einfach auch etwas an „Duck and Cover“.

          Wen es interessiert:
          http://de.wikipedia.org/wiki/Duck_and_cover

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      2. Das gibt dem Post tatsächlich eine geradezu traurige Aktualität.
        Sie sind ja dabei die Umgebung zu evakuieren – und auch ich würde da alles tun, um dort weg zu kommen.
        Die Kaliumiodid Tabletten dürften schon *etwas* helfen – der Schilddrüse, die ziemlich angreifbar ist. Aber der Rest des Körpers ist ja auch betroffen.

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  8. Mir fiel auch gerade der Artikel ein. Leider hab ich nicht dran gedacht, mir die KI-Tbl heute zu bestellen und mit heim zu nehmen. Es wäre wohl auch nur zur Beruhigung. Zumal ja bisher nicht mal geglaubt wird, dass wir hier Auswirkungen haben werden..
    Ich denke die Japaner haben wohl auch gerade noch zusaetzliche Probleme. Die wissen – falls sie so etwas je hatten – nicht mal, wo ihre Tabletten hingeschwemmt wurden… Und die Gegend ist ja schon relativ evakuiert, je nach dem was passiert, ist das aber auch nicht mehr ausreichend… Furchtbar.

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    1. Naja, ich weiss nicht, ob es die Tabletten bei euch „einfach so“ gibt. Bei uns ist es wirklich so, dass die nicht zu kaufen sind, nur zum herausgeben für den Fall.

      Aber: Wenn ich nicht schon gegen Atomkraftwerke wäre – das was gerade in Japan passiert würde mich sehr denken machen. Und die sind bekannt dafür, dass sie geplant bauen – die wissen, dass sie öfter Erdbeben haben.

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      1. Wieviel Iod ist denn in einer Iodtablette zum Einsatz bei Störfällen drin und wie sollen die Tabletten denn angewendet werden?

        Ich glaube auch nicht, dass man Iodtabletten mit der Indikation Strahlenkrankheit verschreibungsfrei bekommen kann.
        Aber die normlen Iodtabletten mit der Indikation „Jodmangel bei Struma, etc.“ mit 100 oder 200 Mikrogramm sind verschreibungsfrei.
        Zur Not könnte man auch einfach Kaliumiodid in Pharmaqualität bestellen, die Kapselfüllmaschine anwerfen und…

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        1. Steven: steht gross auf der Packung: 65 mg. Ist schon ein *bisschen* mehr als die 200 Microgramm. … mit 325 von den freiverkäuflichen Tabletten bist Du dabei …

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    2. Iodtabletten hier (in D, Österreich, Schweiz, …) besorgen bringt nichts. Bis eine radioaktive Wolke hier ist, ist der Großteil des Jods zerfallen und damit nicht schädlich. Im Gegenteil könnte man sich dann mit diesen Tabletten mehr schaden, als ohne, denn zu viel Iod führt im Zweifelsfalle eher zu einer Schilddrüsenschädigung.

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  9. Im Moment bekomme ich (aus aktuellem Anlass) :-( vermehrt Suchanfragen, die hier landen.

    Darum möchte ich nochmal ein paar Sachen erwähnen:

    Wer nicht gerade in Japan wohnt – und im Umkreis des betroffenen AKW, der braucht ganz sicher keine Jodtabletten einzunehmen. Die Menge Iod aufs Mal kann ein paar unangenehme Nebenwirkungen haben – und Nutzen ist hier bei uns im Moment auch keiner vorhanden.

    Wer unbedingt will, kann sich natürlich so eine Packung für zu Hause in der Apotheke besorgen (die sind auch frei erhältlich, in der Schweiz Liste C) aber es besteht hier kein (neuer) Anlass dazu.

    Wer keine bekommt, sollte auch nicht in Panik verfallen – die Behörden haben mehr als genug von den Tabletten gebunkert – das gilt für die Schweiz, Deutschland und Österreich – und wenn bei uns einmal so ein Fall eintreten sollte (was ich wirklich, wirklich nicht hoffe), dann verteilen sie diese auch.

    Interessant: In Deutschland kommen sie *jetzt* auf die Idee für das auch Apotheken einzusetzen http://www.apotheke-adhoc.de/Nachrichten/Apothekenpraxis/14306.html
    was sie bei uns ja schon lange machen.

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    1. Super Posteintrag.
      Ich kann mir vorstellen kann, dass auch in unseren Breitengraten gerade der Run auf Iodtabletten einsetzt.
      Leider wird – realisitisch – dieses Post in den Kommentaren kaum ein Mensch mehr lesen, der Dein Blog liest. Daher fände ich *genau dieses Post* super für nen neuen Blogeintrag von Dir, um zumindest die Leute zu informieren, die Dein Blog lesen.

      Evtl. könnte man ihn noch um diese Stellungsnahme der deutschen Apothekerverbände ergänzen: http://www.abda.de/52+B6JmNIYXNoPTRkYmI2MTFiNWYmdHhfdHRuZXdzW2JhY2tQaWRdPTEmdHhfdHRuZXdzW3R0X25ld3NdPTEyODc_.html

      Wer selbst wäre jetzt beim definitven Abraten vom Einkauf von Iodtabletten kompetenter und glaubwürdiger als die Apotheker, die ja mit dem (sinnlosen) Verkauf von Iodtabletten noch Geld verdienen würden.

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      1. Traurig/erschreckend an dieser Hysterie ist, das mittlerweile unser Großhändler die meisten der Jodid-Tabletten (mit 100, 150 oder 200 microgramm) nicht mehr liefern kann – die Patienten, die es wirklich brauchen, haben dank der unangebrachten „Panik“ das Nachsehen…

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  10. Liebe Pharmama,

    danke für die Hinweise mit der Haltbarkeit – wir haben ausZeiten des Kalten Krieges noch „historische“ im Bestand (100 Stück, 100 mg , 2,59 DM – in den 80ern). Das gehörte damals ins Notfallgepäck.

    Ich denke, dass auch heute jede/r Vernünfitige (!) das Zeug im Haus haben sollte.

    Im Havariefall lautet die Anweisung der Behörden – – bleiben Sie im Haus und halten Türen und Fenster geschlossen. – und holen sie bei den Sammelstellen Jodtabletten…

    Natürlich ist es völliger Quatsch jetzt Tabletten zu nehmen, die drei Euro und einen Cent für 20 Stück sind aber im Notfall gut investiert. Also: bevorraten und Einnahme nur nach Rat der Behörden oder des dann noch erreichbaren Hausarztes. Beste Grüße – und danke für Ihren netten Blog!

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    1. Wenn man nicht gerade 20km im Umkreis um ein AKW wohnt (vom mir aus 50km), dann braucht man das Zeug nicht im Haus. Das wird verteilt. Und diejenigen, die in der Nähe wohnen, die bekommen das (zumindest in der Schweiz) beim Einzug in Haus / Wohnung sowieso. Und sooo ein Wundermittel ist es nicht. Da würde ich im Ernstfall lieber evakuieren als das zu schlucken.
      Aber … wenn Du dich dann sicherer fühlst …

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