„die Pille“ und Wechselwirkungen

Orale hormonelle Kontrazeption (OC) – oder „die Pille“ ist die am häufigsten gebrauchte Verhütungsmethode.

Es gibt noch andere Verhütungsmethoden: Vaginalring. Hormonpflaster, Östrogenfreie Ovulationshemmer, Kupferspirale, Hormonspirale, Minipille, Dreimonatsspritze, Hormonimplantat, Kondome, Pille danach (letzteres nur als Notfall).

Die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva ist bei korrekter Anwendung mit einem Pearl Index < 1 sehr viel höher als die anderen Verhütungsmethoden.

Trotzdem kommt es gelegentlich zu „Versagern“, einerseits, wenn sie nicht richtig genommen werden, andererseits, wegen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten – und an diese muss man denken – wir in der Apotheke, aber auch die Patientin selbst, die die Pille oder eine andere hormonelle Verhütungsmethode verwendet:

Diese Interaktionen sind wesentlich bei Oralen Kontrazeptiva, Hormonimplantaten, Pflaster und Vaginalring:

Antibiotika, Chemotherapeutika, Antimalariamittel:
Diese sind verantwortlich für viele ungewollte Schwangerschaften.
Sie beeinträchtigen die Wirkung der Verhütung, wobei  der Mechanismus nicht restlos geklärt. Störung des enterohepatischen Kreislaufs, und wenn sie Durchfall machen (eine häufige Nebenwirkung) ist die Aufnahme in der Körper gestört.

Bei Antibiotika-Therapie ist neben der „Pille“ eine zusätzliche Anwendung nichthormonaler Methoden für die Zeit der Anwendung, sowie bis zu (7-) 14 Tagen danach zu empfehlen.

Probleme machen:

  • Penicilline (Amoxicillin, Pieperacillin, Benzylpenicillin, Phenoxymethylpenicillin, Flucloxacillin, Clavulansäre, Tazobactam)
  • Tetracycline (Doxycyclin, Minocyclin, Demeclocyclin,Lymecyclin, Tigecyclin)
  • Cephalosporine (Cefaclor, Cefazolin, Cefuroxim, Cefamandol, Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefixim, Ceftibuten, Cefpodoxim, Ceftazidim, Cefprozil, Cefepim, Ceftobiprol)
  • Chloramphenicol
  • Sulfonamide (Sulfadiazin, Sulfamethoxazol – Cotrimoxazol, Sulfasalazin)
  • Nitroimidazole (Metronidazol, Ornidazol, Tinidazol)

Bei Makrolid AB (Azithromycin, Clarithromycin, Erythromycin, Roxithromycin, Spiramycin) ist die Datenlage nicht restlos geklärt

Tuberkulostatika
Rifampicin (zusätzlich noch Enzyminduktion, also werden die Hormone schneller abgebaut)

Antimykotika:
Griseofulvin

Antidepressiva:
Imipramin: (auch wegen Verstärktem Abbau)

Antihistaminika
Cimetidin– (auch wegen Verstärktem Abbau)

Antiepileptika:
Sind Enzyminduktoren (CYP3A4) und erhöhen den Abbau der Steroide in der Leber und im Gastrointestinaltrakt. Verminderter kontrazeptiver Schutz.

Müssen diese genommen werden, muss eine Barriere-Methode zur Verhütung bis 28 Tage nach Absetzen angewendet werden. Das ist wegen der Dauer-anwendung oft nicht möglich, dann kann man als Alternative eine Pille nehmen mit höherem Östrogengehalt. Oder ein anderes Antiepileptikum wählen.

Wirksamkeit der Pille vermindert bei: Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon, Phenytoin, Oxacarbazepin, Felbamat, Topiramat(?).

Wirkung nicht beeinträchtigt bei: Valproat, Gabapentin, Levetriacetam, Lamotrigin, Tiagabin, Vigabatrin

Johanniskraut und Kontrazeptiva
Ein bisschen ein Streitthema, ob das jetzt wirklich einen Einfluss hat. In der Kombination traten vermehrt Zwischenblutungen auf. Abnahme der kontrazeptiven Wirkung ist wahrscheinlich.
Also: andere kontrazeptive Massnahmen (andere Verhütungsmittel wie Kondom, Spirale etc) oder andere psycho-pharmakologische Massnahmen (andere Therapie der Depression).

Und dann gibt es noch andere Einflüsse, die die Wirksamkeit der oralen Kontrazeptiva herabsetzen:

Magenetzündungen, Darmentzündungen, Zöliakie, Morbus Crohn, Mukoviszidose
Schädigen Magen- und Darm-Schleimhaut, Verringerte Resorption, verringerte Serumspiegel

Durchfall, Erbrechen: Verringerte Aufnahme im Darm, verringerte Serumspiegel

Starkes Untergewicht, Kohlenhydratarme und proteinreiche Diät – führen zu erhöhter Aktivität der P450 Enzyme, also stärkerem Abbau der OC

Rauchen: Induktion der P450 Enzyme

Alle Angaben ohne Gewähr…  Habe ich noch etwas vergessen?

20 Kommentare zu „„die Pille“ und Wechselwirkungen

  1. Das mit der proteinreichen Diät verunsichert mich jetzt ein bisschen. Gibt es dafür irgendwo einen Artikel/Beleg? Davon habe ich noch nie etwas gehört..

    Ich ernähre mich seit Monaten „Low Carb“ (mit hohem Gemüseanteil) und fahre ausgezeichnet damit, muss ich mir jetzt Gedanken um die Sicherheit meiner Verhütung machen?

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  2. Bei Antibiotika hört es bei mir sofort auf, bei Chemo hats durchgehend weiter funktioniert. Das ist ein weiteres Plus, wenn man die Pille durchgehend nimmt – man merkt sofort, wenn es nicht mehr funktioniert….

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  3. Mir fallen noch Antazida ein. Bin aber ad hoc nicht sicher welche die Wirksamkeit der Pille beeinträchtigen können (PPI?). Ist schon so lange her das ich orale Kontrazeptiva ‚verkauft‘ habe.

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  4. @Chaoskatze: Woran merkt man im Langzeitzyklus denn, dass die Pille nicht mehr wirkt? Zwischenblutungen habe ich laufend, das kann kein Kriterium sein..

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  5. @Stustella: Bei mir nicht – ich hab vielleicht 2x im Jahr meine Tage. Und merke es auch schon davor – nämlich an den elendigen Schmerzen. Spätestens, wenn ich so verkrampft bin, dass es schon schwierig ist, stehen zu bleiben, dauerts nimmer lang…
    Zwischenblutungen habe ich nur, wenn ich es wirklich übertreibe, also 8-10 Monate durchnehme, dann mach ich mal wieder Pause und die Sache hat sich.

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  6. „Die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva ist bei korrekter Anwendung mit einem Pearl Index < 1 sehr viel höher als die anderen Verhütungsmethoden."

    Einspruch! Siehe z.B. hier:

    http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/015-015.htm

    Die vielfach belächelte symptothermale Verhütung hat beispielsweise eine Methodensicherheit von 0,3, damit liegt sie im Bereich oraler Kontrazeptiva (Kombipräparate) von 0,1-0,9.

    (Interessant ist, dass dieser Wert auch bei der Verwendung von Barrieremethoden in der fruchtbaren Zeit gilt. Demnach scheint von geübten Anwendern von bsp. Kondomen ein pearl index <0,3 erreicht zu werden. Zahlen dazu in NFP heute:

    )

    Auch andere der aufgezählten Verhütungsmittel haben eine vergleichbare oder gar bessere Wirksamkeit als die "Pille".

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    1. Wobei man ja anscheinend beim Pearl-Index immer noch zwischen „Typical use failure rate“ und „Perfect use failure rate“ unterscheiden muss:
      Die Pille hat eine Versagerquote von 8 von 100 Frauen pro Jahr (typical use), bzw. 0,3 von 100 Frauen pro Jahr (perfect use).

      Falls Du mit der symptothermalen Methode die Baselkörpertemperaturmethode meinst, werden dabei statistisch gesehen trotzdem 25 Frauen von 100 pro Jahr (typical use), bzw. 3 Frauen von 100 pro Jahr schwanger…

      Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Comparison_of_birth_control_methods#Comparison_table

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      1. Nö, wenn ich symptothermal schreibe, dann meine ich nicht bloss die Temperaturmethode (mit der man, siehe meine Link oben, eine Sicherheit von 0,8 erreichen kann). Ausserdem ist meines Erachtens die „typical use failure rate“ bei der Wahl eines Verhütungsmittels von untergeordneter Bedeutung; insbesondere bei natürlichen und Barrieremethoden. Aus epidemiologischer Sicht ist es zwar interessant, wieviele Frauen schwanger werden, weil sie im entscheidenden Moment das Kondom im Nachttischschränkchen liegen oder sich in der fruchtbaren Zeit „hinreissen“ lassen, für mich persönlich zählt jedoch die Methodensicherheit in Kombination mit meinem Verhalten.

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        1. Ehrlich gesagt würde ich keiner Frau zutrauen die NFP korrekt anzuwenden, da hätte ich immer Grundzweifel:
          – ob sie auch nicht zu dumm ist zum messen,
          – mich vll übers Ohr haut weil sie mir ein Kind unterschieben will (was ich prinzipiell jeder Frau zutraue, der Kinderwunschtrieb von Frauen ist stark!),
          – ich ja trotzdem noch gummis benutzen muss wenn sie fruchtbar ist

          Meine Freundin benutzt die Kupferspirale, da kann sie
          a) nichts falsch machen und
          b) kann ich immer kontrollieren ob sie noch da ist
          c) so sicher wie die pille
          d) keine gummis

          was will Mann mehr?

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        2. Ich weiss das leider nur aus zweiter Hand — bin halt kein Mann — aber eine beliebte Antwort auf deine Frage ist: Eine Partnerin statt bloss was dummes, triebgesteuertes zum Vögeln. Denn zu Letzterem degradierst du deine Freundin mit obigem Beitrag.

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  7. Ich muss zugeben, ich habe desöfteren schon Antibiotika/Antihistaminika genommen, aber nie darauf geachtet, dass diese sich mit der Pille stören. Vielleicht wirkt „meine“ Pille auch einfach nur sehr gut;-)

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  8. Wie sieht das ganze bei der Anwendung eines Vaginalrings aus? Haben da z.B. Erbrechen & Durchfall ebenfalls eine Auswirkung?

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      1. Gut, Erbrechen hätte mich jetzt echt gewundert, aber Durchfall sollte doch eigentlich schon einen Einfluss haben, oder?

        Gestagene und Östrogene unterliegen doch stark dem enterohepatischen Kreislauf (einige Stoffe werden von der Leber über die Galle zurück in den Darm abgegeben und dann aus dem Darm wieder erneut ins Blut resorbiert). Da sollte die Wirkung des NuvaRings bei nem vernünftigen Durchfall durchaus abgeschwächt sein.

        Wundert mich echt, dass die das so in die Packungsbeilage reinschreiben. Normalerweise dient die doch auch zum Absichern des Herstellers gegen Schadensersatz.

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  9. [Nerd Wissen]

    Rifampicin ist auch ein Antibiotikum, weil es die DNA abhägige RNA Polymerase in Prokaryoten hemmt…

    Wird aber wohl eher selten verschrieben…

    Dagegen Frage ich mich, warum heute immer noch so oft als erstes Penicilline verschreiben werden.

    Die wirken a) nur bei gram + Bakterien und oft wird kein Erregernachweis gemacht und b) hat mittlerweile fast jeder Wald und Wiesenkeim eine Lactamase…

    Try and Error oder wie?

    Nach dem Motto vielleicht hilfts ja und wenn nicht hab ich als Arzt wenigstens zum Absatz der Pharmafirma beigetragen, auf dass mir meine super Plasmafernseher / Reise / Espressomaschine – Prämie ein STück näher rückt…

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  10. Wollte mal fragen ob jemand was weiß, ob viel grüner Tee die Pille irgendwie unwirksam machen kann? Da ich sehr viel trinke und ich aber schon mal so etwas gelesen habe…

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  11. Achtung Fehler!
    Unter dem Punkt Antihistminika ist Cimetidin aufgelistet, dieses Medikament wird allerdings zur Reduktion von Magensäure eingesetzt und hat mit den gewöhnlichen Antihistamika bei Allergiesymptomen nichts zu tun.
    Also bitte besser recherchieren, solche Fehler gehen gar nicht!

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