Komödienreife Blutzuckermessgerät-Beratung

Der Kunde türkischer Herkunft hat in einer Konkurrenzapotheke (einer Kette noch dazu! Grrrr!) sich ein gratis Blutzucker-messgerät geben lassen. Was sie allerdings versäumt haben ist, ihn dort auch zu instruieren – dafür kommt er jetzt zu uns. Na Danke.
Wenigstens ist er sich der Tatsache schon bewusst, dass das auch eine Dienstleistung ist und er versichert, die Teststreifen dafür bei uns zu holen … wir werden sehen.

Ich kenne das Gerät noch nicht – wir selbst haben andere, die wir gratis austauschen – es ist das Accu Chek Mobile. Ich lese mich rasch durch die Packungsbeilage und erkläre es ihm. Etwas erschwert wird das Ganze wegen Sprachdifferenzen – Türkisch kann ich nicht, sein Deutsch ist … rudimentär, aber mit Händen und Füssen bringe ich es ihm schliesslich bei.
Nettes Gerät, es funktioniert mit einem durchlaufenden Teststreifen, braucht auch wenig Blut zur Messung… Memoryfunktion, man kann sogar die Sprache umstellen auf Türkisch.

Der Kunde will, dass ich das mache – ich warne ihn aber, einfach, weil ICH es dann nicht mehr lesen kann.
Umgestellt, Kunde zufrieden, Kunde geht ….

… und kommt eine Stunde später wieder zurück.
Kunde: „Das Gerät nicht richtig messe‘ “.

Nach kurzer Diskussion stellen wir fest, dass das Problem darin liegt, dass es in mg/dl misst – statt wie er gewohnt ist in mmol/l.
Kunde: „Kann man umstellen?“
Das Problem: die Packungsbeilage hat er zuhause gelassen … und das Gerät zeigt jetzt türkisch an.
Pharmama – fängt an am Gerät herumzudrücken: „Hmmm, -was heisst ‚Sprache‘ auf Türkisch?“
Kunde: „Türkije“
Pharmama: „Nein, nicht was Türkisch heisst, sondern: Sprache!“
Kunde: „Türkije!“
…. das wiederholen wir ein paar Mal …
Damit kommen wir nicht weiter.

Ich sage ihm, dass ich da erst bei der Firma anfragen muss, wegen dem Umstellen, er soll später wieder kommen.
Dank Internet Babelfish finde ich dann heraus dass Sprache auf Türkisch „dil“ heisst … und finde das nach einigem Herumdrücken sogar auf dem Gerät, sodass ich es wieder zurücksetzen kann.
Nur … auf mmol/l umstellen lässt es sich nicht. Laut Firma gibt es von dem Gerät zwei Varianten – und weil wir das „falsche“ haben schickt uns die Firma einen Ersatz. Gratis.
Jau!

hier gibt’s noch mehr „nicht funktionierende“ Geräte …

17 Kommentare zu „Komödienreife Blutzuckermessgerät-Beratung

  1. Ist doch in vielen Bereichen so, dass man sich z.B. im stationären Einzelhandel beraten lässt und dann via Internet einkauft.

    Wie hast Du es dem Kunden erklärt, dass sein Gerät eingeschickt wird?

    Tochterkind hat von einem Bekannten (über mich) ein anderes Gerät geschenkt bekommen. Sie kommt um nichts in der Welt damit zurecht. Warum auch immer.

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    1. Nicht eingeschickt – sie haben mir einfach ein neues geschickt als Ersatz.
      Es gibt übrigens so verschiedene Modelle – da findet sich für das Tochterkind sicher etwas. – hast Du mal versucht bei den Firmen direkt anzufragen?

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    2. wie alt ist dein Tochterkind denn?

      Ohne Werbung machen zu wollen, ich finde das Aviva Nano sehr leicht in der Bedienung. Das arbeitet zwar mit Teststreifen aber es ist sehr einfach zu bedienen.

      Ich würde auch bei den Firmen direkt nach Kinderfreundlichen Geräten anfragen.

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  2. Oh wie nett, vor allem die Sache mit der Apothekenkette ist ja das übelste.
    Das Problem mit den Türkischen Mitbürgern kommt mit bekannt vor, wenn ich mal wieder auf die „DU MACHEN !!!“ Kommunikation runter schalten muss und hoffe, das es was bringt, so was macht die Physiotherapie vor allem nach komplizierteren Geschichten (zB TEP der Schulter) echt effektiv :( .

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  3. Ist es in der Schweiz nicht üblich, dass die Geräte immer kostenlos abgegeben werden? Ich kenne es z.B. gerade von Roche so, dass die die Geräte kostenlos abgeben, geht sogar mit den hochwertigen wie Accu Chek Mobile und Co problemlos online. Und bei Lifescan habe ich sogar Geräte für alle Teilnehmer meines RS-Lehrgang damals bestellt. Mit der ehrlichen Begründung „10 Stück für die Teilnehmer zum üben“… Kamen am nächsten Tag…

    Gruss Daniel

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    1. Die meisten Firmen, die BZ-Messgeräte vertreiben sind in der Tat recht grosszügig … v.a. weil sie ihr Geld mit den Blutzuckermesstreifen nachher machen können. Aber *immer* sind die Dinger nicht gratis.

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  4. Obwohl ich eigentlich ein SI-Fanatiker bin, frage ich mich, warum man nicht nur auf mg/dl setzt.
    Es ist einfach schöner, „sinnvoller“, intuitiver mit ganzen Zahlen zu arbeiten.

    Ich kann mir sogar vorstellen, dass es therapeutische Nachteile hat, weil Leute intuitiv die floor/ceiling-Funktion anwenden (x,y ist ja „ungefähr x“ (ggf. x+1)) und das ja doch einen Unterschied macht/machen kann.

    Weiß jemand, ob man solche „menschlichen Faktoren“ mal untersucht hat?

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  5. Hihi, danke für den Lacher am Morgen!

    So ein Gerät hatte ich neulich auch mal in der Hand – Kunde wollte die Testkassette ausgetauscht haben, wusste aber nicht, wie. Im Internet hab ich die Gebrauchsanweisung angeschaut, dann entsprechend den Anweisungen geschoben/gedrückt. Nichts.

    Nochmal, und es ging wieder nichts. Irgendwie hatte ich es dann auf, und anstatt die Kassette nun auszutauschen, wollte ich, stolz, es geschafft zu haben, dem Kunden zeigen, wie es geht – klappte das Gerät also wieder zu, und … ja, das selbe Spiel ging von vorne los. Irgendwann hatten wir es dann raus – das Gerät klemmt einfach. Ich bezweifle sehr, dass der Kunde das selber hinbekommen wird, daher habe ich ihm angeboten, auch die nächsten Tauschaktionen hier durchzuführen.
    Das Gerät an sich ist zwar sehr praktisch – aber der Öffnungsmechanismus scheint anfällig zu sein ;)

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    1. Ja, und jedes Mal, wenn man nur zum Zeigen vorne die Abdeckung zur Seite schiebt, füllt es den Teststreifen nach … so wird das natürlich auch schneller leer.
      … Danke für den Hinweis – jetzt weiss ich schon, warum er dann wieder in der Apotheke steht :-)

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    2. Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Es ist also kein Einzelfall.

      Sehr nett ist auch, dass das Gerät, sobald das MHD der Testkassette erreicht ist, dicht macht. Nix geht mehr.

      Davon hattest du ja auch schonmal geschrieben Pharmama.

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  6. mg / dl

    eine Seltsame Einheit.

    Er müsste es aber nur durch 10 teilen, dann hat man mg / l und 1 mmol Glucose sind 180,16 mg. (Also gleich durch 1801,6 teilen gibt mmol / l statt mg / dl).

    Ich frage mich eher warum der Hersteller den Aufwand macht und zwei Geräte raus bringt statt so eine triviale Rechnung nicht einfach in die Firmware zu integrieren und ein umstellen im Menü zu intergrieren.

    Das kann doch nicht soo kompliziert sein oder doch?

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    1. So, ich verdiene mir mal den *Goldenen Klappspaten mit Eichenlaub am Hosenband“ für das Ausgraben und Beantworten einer längst vergessenen Frage…

      Vor ca. 2003 konnte man so ziemlich alle Geräte umschalten zwischen „international“ (mmol/l) und „bundes-alt-deutsch“ (mg/dl). Dann haben es mehrere Patienten zeitnah und unabhängig hinbekommen, einen Bedienfehler in folgenden Schritten zu machen:
      1) Batterie gewechselt. Dabei gab es für das Gerät einen Hart-Reset, was den Benutzern nicht bewußt war. („Did-not-read-manual-error“) -> Das Gerät geht von Option „mmol/l“ auf Werkseinstellung „mg/dl“.
      2) Nach Batteriewechsel kein Neu-Einstellen der Funktionen Datum/Uhrzeit/andereOptionen, denn das Gerät funktioniert auch so. Das Gerät „zwingt“ den Benutzer nicht, die Einstellungen durchzuführen. Hinzu kommt, dass viele Benutzer den Unterschied nicht kannten/kennen.
      3) Der Benutzer misst. Das Gerät zeigt an z.B. 100 mg/dl. Die Einheitenanzeige ist meist klein und unauffällig. Vielen Benutzern ist dazukommend gar nicht bewußt, dass es mehrere Einheiten gibt (siehe 2), die dann komplett unterschiedliche Zahlen bedingen.
      4) Der Benutzer ist an mmol/l gewöhnt. Er sieht „100“ (entspricht ca. 5,6mmol/l); aus Gewohnheit (und weil er es nicht besser weiß / anders kennt) liest er „10,0“ (dies entspricht ca. 180mg/dl).
      5) Der Benutzer appliziert sich Insulin, um den (real nicht überhöhten) falsch interpretiert hohen Blutzuckerwert zu senken.
      6) Der Benutzer unterzuckert.
      7) Bei Pech gibs direkte Folgeschäden (Autounfall, Traumata bei Sturz, Folgeschäden Aufgrund Aggression bei Unterzuckerung usw.)

      Umgekehrt ging es wohl auch – das Gerät zeigte „10,0“. Der Benutzer las „100“ ab, spritze kein Insulin -> ständig erhöhter Zuckerwert. Weniger Akutprobleme. Mehr Langfrist-Folgen…

      Daraufhin haben fast alle BZ-Geräte-Hersteller eine softwareseitige Umstellung zwischen den Einheiten unterbunden und die Geräte können „nur noch eine“ Einheit anzeigen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob da nicht auch verschiedene Gesundheitsämter die Finger im Spiel hatten ob „Problemmeldungen mit Medizinprodukten“. Trotzdem ist diese Nicht-Option tatsächlich „gelebter Patientensicherheit“ geschuldet.

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      1. Huh… der Goldene Klappspaten sei dir gewiss. Danke für die Erleuchtung (das hab ich mich tatsächlich seit etwas über 5 Jahren immer mal wieder gefragt, aber nie die Muße gehabt nach den Gründen zu suchen).

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  7. Eine gute Methode, um Dinge zu übersetzen, kann auch Wikipedia sein. Einfach den Artikel raussuchen und dann die Sprache umstellen. Da es normalerweise Artikel für jede mögliche Bedeutung eines Wortes gibt, ist es teilweise sogar besser als ein normales Wörterbuch.

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  8. Ja, meine beste Freundin arbeitet fuer Roche. Die haben dort eine Hotline zur Betreuung auslaendischer Patienten.
    Es ist mir bekannt, dass der Kundendienst bei Roche sehr gut ist und bei Beanstandung sofort neue Geraete versendet werden.

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