Ausnahmsweise – klar?

Eine junge Frau kommt in die Apotheke: „Ich brauche die Pille, weil ich heute wieder anfangen muss, habe aber kein Rezept mehr.“

Ich sage: „Wenn sie wissen welche, kann ich ihnen für 1 Monat ausnahmsweise eine Packung geben, ABER sie müssen in der Zeit zum Frauenarzt gehen, ein neues Rezept machen lassen.“

Frau: „Ja ja.“

Ich dokumentiere die Abgabe als Notfallabgabe ohne Rezept. Sie bekommt die Packung, zahlt und geht.

1 Monat später ist sie wieder hier und will wieder eine Packung. Zufälligerweise erwischt sie wieder mich, aber eigentlich macht das kein Unterschied, da wir anhand der Dokumentation sehr wohl sehen, wenn jemand wiederkommt – und ich habe Anweisung gegeben, dass einmal ok. ist, das nächste Mal will ich aber Papier sehen!

Pharmama: „Entschuldigung, aber ich habe ihnen letzten Monat gesagt, dass es AUSNAHMSWEISE war und dass sie zum Arzt müssen. Jetzt bekommen sie keine neue Packung von mir.“

Junge Frau (offensichtlich in Diskussionslaune): „Aber der Arzt stellt immer nur ein Rezept für ein paar Monate aus !“

Pharmama: „Sie könnten ihm sagen, er soll es als Dauerrezept für ein Jahr machen.“

Junge Frau: „Aber das kostet immer, wenn ich zum Arzt gehe!“

Pharmama: „Ja. Das tut es bei mir auch. Trotzdem gehe ich, weil -das Pillenrezept ist nur das eine, das andere ist die Kontrolluntersuchung.“

Junge Frau: „Dann bekomme ich wirklich keine? Aber ich habe jetzt keine mehr!“

Pharmama: „Nun, ich habe es ihnen das letzte Mal deutlich gesagt. Nein. Sorry. – Sie können immer noch in den Notfall vom Spital gehen, wenn ihr Arzt keinen Termin frei hat …“ (Nicht dass das günstiger wäre).

…zum Glück hat sie dann mit Diskutieren aufgehört. Ich hatte schon jemanden, der mir dann vorwerfen wollte, dass es meine Schuld ist, wenn sie jetzt schwanger wird (äh, hallo: die Kondome sind gleich dort drüben, dafür brauchen sie kein Rezept) … in dem Fall hätte sie von mir nämlich eine (kleine) Standpauke über Verantwortung und Eigenverantwortung bekommen. Auch die Pille ist nicht ganz ungefährlich (wie sich in der Yasmin-Diskussion letzthin wieder gezeigt hat) und nicht umsonst ist sie Rezeptpflichtig. Dass man einmal vergisst rechtzeitig wieder zum Arzt dafür zu gehen, kann ich verstehen, aber … eben.

7 Kommentare zu „Ausnahmsweise – klar?

  1. Abgesehen davon, dass ich es schon verantwortungslos genug finde, sich nicht rechtzeitig um das Rezept für die Pille zu kümmern (wenn sie da schon nicht dran denkt, wie kann sie dann jeden Tag ans Einnehmen denken??), wäre es mir schlicht und einfach peinlich, gleich zwei Mal hintereinander „ausnahmsweise“ die Pille (oder egal was) ohne Rezept zu holen…

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  2. Mal ganz ab davon, dass sie, jedenfalls macht mein FA das so, das Rezept auch kriegen kann, ohne zur Kontrolle zu gehen, wenn es 3 Monatsrezepte sind.
    Sprich, nur alle habe Jahr zur Kontrolle und dazwischen halt nur Rezept abholen.
    Dafür braucht sie auch keinen Termin.

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  3. Vielleicht läuft das in der Schweiz anders? Das kann ich im Voraus nicht beurteilen.

    Hier in Deutschland muss man alle 3 Monate 10,– Euro zahlen, wenn man zum Arzt will. Praxisgebühr. Ich finde das schon sehr teuer plus die hohen Kosten für die Pille…ich habe etwas dagegen, wenn ständig ein Arzt beurteilen soll, ob man die Pille bekommt oder nicht. Wenn alles schief läuft, dann hat der Arzt sich geirrt und die Patientin ist krank – er wird sich grundsätzlich herausreden. Also warum ist die Pille nicht erhältlich, wenn der Arzt sie einmal nach einer Untersuchung verschrieben hat? Ich mag das nicht, so überdacht werden.

    Ich könnte mir denken, dass die Kundin wenig Geld hat und sie steht wie eine Bettlerin in der Apotheke..

    Ach ja, da fällt mir ein:

    Vor ziemlich vielen Jahren war ich zu Besuch in Tunesien bei einer mir sehr bekannten und lieben Familie.

    Als ich mit denen einmal in einer Apotheke war, ist mir aufgefallen, wie billig dort die Medikamente waren. Logische Überlegung: Was kostet denn hier die Pille?

    Sie kostete damals umgerechnet 60 Pfennig pro Päckchen. Rezeptfrei.
    Und zufällig hatten sie genau die Sorte aus Deutschland, die ich sowieso nahm.Deutsche Ware in Tunesien. Ich habe mir eine Jahresration mitgenommen zu diesem senationellen Preis.

    Und die Mitglieder der Familie waren so süß: Als ich nach Hause fuhr, hatte ich genau 144 Päcken Antibabypille im Gepäck, alle von der Berliner Firma. Die hatten dann die Männer der Familie nach und nach ohne mein Wissen als Geschenk besorgt – und deren Frauen leben heute auch alle noch, obwohl auch sie genau diese Pille nahmen.

    Dem Zoll habe ich erzählt, das sei zum Eigenbedarf und die haben mich ziehen lassen, obwohl sie meinten, das sei dann doch ein bisschen viel..

    (Wieso konnte man die Pille in Tunesien für 60 Pfennig bekommen, wenn ich für ein 3-Pack ca. 50,– DM zahlen musste?? – von der gleichen Firma aus Deutschland?)

    Da diese Pille aber auch ein – wenn auch spätes – Verfalldatum hatte, habe ich die Hälfte der Päckchen an zwei Freundinnen abgegeben, die auch diese Sorte nahmen und die ich sehr glücklich machen konnte.

    Alle haben später Kinder bekommen und die Pille gut vertragen.

    .. und noch was, das aber ganz am Rande: Ich habe mehrere Male nicht auf den Rat der Ärzte gehört – meine innere – sehr laute und sehr klare Stimme – hatte dazu geraten. Wenn ich mich nicht gegen die Ärzte durchgesetzt hätte – ich schwöre – hätte ich heute weder einen Sohn noch würde ich mich bis heute einer einigermaßen guten Gesundheit erfreuen. Ich bin froh, dass ich auch die Götter in Weiß anbrüllen konnte, als es nötig war….

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  4. Guten Morgen Polly und Hevora.
    Ja, da haben wir wieder einen Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz. In der Schweiz existiert (noch) keine Praxisgebühr, abgerechnet wird nach Tarmed, einem Punktesystem. SO im Sinn von: Konsultaton erste 5 Minuten, Konsultation weitere 5 Minuten, Untersuchung Cervixabstrich etc etc. … Dauerrezepte können für maximal 1 Jahr ausgestellt werden – das ist auch durchaus üblich. Wenn gar nicht steht wie lange, sondern nur Dauerrezept, ist es 6 Monate gültig. Wenn der Arzt (nicht ganz legal, aber möglich, wenn er der Patientin vertraut) kein Datum drauf-schreibt auf ein zweites Rezept … kann sie das z.B. nachher noch machen, dann hat sie für maximal 2 Jahre ein Pillenrezept … und das ist doch auch ok, wirtschaftlich, oder?

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  5. [Und nochmal für Hevora „Warum ist die Pille in Tunesien so günstig“? –
    1. die allgemeinen Lebenserhaltungskosten sind in Tunesien sicher auch günstiger, also: ein Laib Brot kostet dort kaum soviel wie hier, die Arbeit wird auch nicht gleich bezahlt wie hier.
    2. Die Medikamentenpreise hier sind nicht nur ein Ausdruck davon wieviel es kostet das Medikament herzustellen sondern so gewählt, dass sie einerseits wirtschaftlich sein sollen und andererseits den Forschungsstandort unterstützen sollen. Im Klartext: wir bezahlen die Firma nicht nur für das Medikament, sondern auch für die Entwicklung von neuen Medikamenten, liefern also einen Beitrag an die Forschung und Entwicklung … also auch, dass die Medikamente weiter in Firmen in der Schweiz (Deutschland) hergestellt werden und die nicht in Billigarbeitskraft-Länder abwandern.
    3. In manchen Ländern werden bestimmte Medikamente wie subventioniert oder die Preise speziell niedrig gehalten, damit die Bevölkerung sie sich auch leisten kann – möglich, dass das auch bei der Pille dort der Fall ist (macht Sinn), ein anderes Beispiel wären HIV-Medikamente in Afrika.
    4. Man sollte nicht ausser Acht lassen, dass in vielen Ländern auch in Apotheken gefälschte Medikamente erhältlich sind – in manchen afrikanischen und asiatischen Ländern sind bis 40% der Medikamente gefälscht … und nicht alle davon enthalten den Wirkstoff oder in der Menge, die draufsteht … das ist ein Grund, warum ich meine Medis mitnehme, wenn ich Reisen gehe. Gut, Tunesien ist glaub nicht so schlimm, aber trotzdem: Glück gehabt.

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  6. Pharmama,

    Du hast sicherlich zum Teil Recht. Auch ich war damals ein wenig beunruhigt, weil ich mir diese Diskrepanz zu Deutschland nicht erklären konnte.

    In Tunis gab es schon Ende der 70er /Anfang der 80er jede Menge riesengrosse Apotheken,die ständig so voll waren, dass man lange anstehen musste, um seine Ware zu erhalten.

    Dennoch war ich ein wenig unsicher und habe nach meiner Rückkehr sowohl in meiner Hausapotheke als auch bei der Herstellerfirma angerufen, um mir sicher zu sein, wirklich Original-Medikamente erhalten zu haben.

    Das hat man mir bestätigt und bei dieser Gelegenheit betont, dass der tunesische Staat die Pille subventionieren würde, um vielen Frauen eine Geburtenkontrolle zu ermöglichen. Dennoch habe ich herausgefunden, dass die Pille damals für 1,60 DM verkauft wurde – der Preis in der Apotheke war dann 60 Pfennig. Immer noch ein Riesenunterschied zu meinem Preis von 50,– DM – irgendwann sind wirklich die Entwicklungskosten für die Pille bezahlt…

    Im Übrigen habe ich beobachten können, dass überwiegend die Männer die Pille für ihre Frau gekauft haben… aber das ist eine andere Geschichte. …

    Liebe Grüße

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