Die Leute machen sich selbst was vor …

Da ist der 3-Päckchen-am-Tag-Raucher, der mir erklärt, er habe angefangen jeden Abend ein Glas Rotwein zu trinken, weil er gelesen habe, dass das gut sei für die Gefässe.

Da ist die schwer (!) übergewichtige Frau, die mir sagt, sie mache sich alle paar Monate einen Einlauf, „um ihr System zu reinigen“.

Da ist der Drogenabhängige, der mich nach einem Ernährungsberater fragt, weil er sich Sorgen um sein Herz macht.

Gut, ich denke, es ist nicht alles ihre Schuld, dass sie so denken. Die heutige Berichterstattung in den Medien hilft der Öffentlichkeit nicht wirklich die relativen Risiken oder den Nutzen verschiedener Aktivitäten zu verstehen.

Da liest man Schlagzeilen wie: „Schokolade hilft beim Gewichthalten“, „Rotwein ist gut für die Gesundheit“, „Darmreinigung ist gut für das Immunsystem“…

Ich möchte das nicht abstreiten, aber … man muss es in Relation setzen.

Wenn Du drei Päckchen Zigaretten am Tag rauchst … wird das Glas Wein nicht wirklich zu Deiner Gesundheit beitragen. Und mehr zu trinken kann auch gegenteilig wirken.

Wenn Du Kokain schnupfst, dann ist der Rest Deiner Diät nicht wirklich beeinflussend auf Deinen Allgemeingesundheit. Das Kokain wird Dein Herz wohl schneller schädigen als fettiges Essen. Ehrlich.

Das gilt auch für die neuen Erkenntnisse über mögliche Behandlungsmethoden die so gerne in den Medien gebracht werden. Die sind oft noch weeiiiit entfernt von der praktischen Durchführung.

Zum Beispiel  „Neue Hoffnung für Migräne Patienten“. Da wird angepriesen, wie leichte Elektroschocks, die via Elektroden am Kopf auf die Hirnfunktion wirken praktisch nebenwirkungsfrei und rasch gegen Migräne helfen. Spannend, ja, aber … bis / falls das kommt, kann es noch dauern.

Ähnliches liest man immer wieder über Krankheiten wie HIV/Aids,Krebs, („So werden Viren zu Krebszellen-Killern“), aber auch Bluthochdruck und Diabetes.

Neue Erkenntnisse sind spannend und gut, man sollte sie aber immer mit Bedacht ansehen.. von der Theorie bis zur Umsetzung ist oft ein langer und steiniger Weg, bei dem viele früh gepriesene Wundermittel und Methoden schon auf der Strecke blieben und von neuen Erkenntnissen überholt oder relativiert wurden.

Dass man sich um seine Gesundheit Gedanken macht, ist auch gut. Die wichtigsten Erkenntnisse dabei sind diese:

  1. Ernähre Dich gesund und abwechslungreich (Stichwort: 5 mal täglich Gemüse und Früchte)
  2. Trink genug (so dass Du keinen Durst hast und der Urin klar und farblos ist)
  3. Bewege Dich genügend (täglich eine halbe Stunde Herzfrequenz hochjagen tut gut)
  4. Halte Dich vor zuviel Sonne fern (und wenn Du rausgehst, benutze einen Sonnenschutz)
  5. Genussmittel und Drogen sind ungesund (und sollten höchstens in Massen genossen werden)
  6. Schlaf genug

Eigentlich all das, was einem der gesunde Menschenverstand schon sagt, oder? Alles andere kann man machen, ist aber  … Luxus.

33 Kommentare zu „Die Leute machen sich selbst was vor …

  1. Schöner Verschreiber:
    … höchstens in Massen genossen werden …
    soll wohl eher „… höchstens in Maßen genossen werden …“ heißen, oder? ;.)

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    1. In der Schweiz gibt es kein scharfes s, da ist die Schreibweise gleich und Aussprache und Sinn ergeben sich aus dem Kontext.

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  2. Wenn es so einfach wäre, wären wir alle im richtigen BMI-Bereich und es gäbe keine Süchtigen…
    Mein Mann und ich sind mit BMI gegen 30 jetzt in der Phase „wir sollten abnehmen wegen Diabetes“ und „wenigstens 3x wöchentlich 30 Minuten Bewegung“ – aber ich sage dir, der innere Schweinehund schafft es wirklich leicht, v.a. letzteres abzuwehren. Wenn man 12 Stunden ausser Haus ist hat man beim Heimkommen einfach nur noch Hunger (da trickse ich jetzt mit viel Rohkost und Suppe den inneren SH aus), aber danach noch spazieren gehen oder auf die Zimmervelos braucht extrem viel Überwindung. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass mir dann die Entspannungsphase komplett fehlt und ich nur noch arbeite, Pflichtprogramm abspule und ins Bett gehe :-(.

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    1. Oh, der innere Schweinehund, *der* ist ein riesiges Problem. Ich löse das mit der Bewegung, indem ich mit dem Velo zur Arbeit fahre. Ansonsten … komme ich nämlich auch kaum dazu und schimpfe immer mit mir, ich sollte mal was machen.

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  3. Nun schon öfter gelesen/gehört, dass drei Mahlzeiten täglich gesunder sind, damit der Körper zwischendurch Pause hat.
    Genauso wie ab 17 Uhr keine Kohlenhydrate mehr.
    Beides beeinflusst das Wachstumshormon positiver, was wiederrum hilft das Gewicht zu halten.

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      1. Okay, ich hatte das immer so verstanden, dass man 5 mal tägl. über den Tag verteilt Obst und/oder Gemüse essen sollte (natürlich auch mal dazu, sprich bei den Hauptmahlzeiten dazu, aber halt dazu nochmal zweimal), hatte ich dann wohl schwer missverstanden :)

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    1. Und nach 17 Uhr keine Kohlenhydrate ist auch ein eher schlecht formulierter Tipp. Genauso wie dieses „ich esse ab 18 Uhr nichts mehr“, was man oft von jungen Frauen hört.
      Es kommt immer auf den jeweiligen Tagesablauf an. Wenn ich zum Beispiel in der Nachtschicht arbeite und erst sehr spät aufstehe, weil ich erst in den frühen Morgenstunden ins Bett gekommen bin, dann macht der Tipp schon eher weniger Sinn.

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      1. Naja, natürlich tut es das – aber ein Ernährungsberater der allgemeine Tipps gibt, die nicht auf dich zugeschnitten sind, kann ja nur von einem „normalen“ Tagesablauf ausgehen, d.h. auch mit vernünftigen Schlafenszeiten. Und danach ist das mit 17 Uhr ja begründet, da es auf die Hormonauschnüttung abzielt und z.B. das Wachtumshormon, dass sich ja auf´s abnehmen positiv auswirken kann/soll, wird nunmal vermehrt in der Nacht ausgeschüttet und nochmal besser gesteuert, wenn man Abends keine Kohlenhydrate zu sich nimmt.

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  4. Kluger Mensch, Kettenraucher, versorgt seine Kinder nur mit homöopathischen Mitteln. Andere Medikamente seien Gift, und schädlich. Geimpft werden sie auch nicht, wegen der Nebenwirkungen. Ja, selbst wurde er geimpft, als Kind.
    Die Logik wohnt eben nicht überall.

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  5. Ich denke, das Wissen, dass Aufhören zu rauchen wichtiger wäre als das Glas Rotwein etc ist bei den Leuten gewiss da. Es ist nur irgendwo begraben unter einem dicken Schweinehund oder eben unter der Sucht. Dass sie sich bewusst sind, dass sie ein Problem haben erkennt man schon daran, dass sie sich Gedanken machen, wie sie gegensteuern können.
    Das mit der Relation ist ja nicht so einfach. So lange man keine harten Fakten sieht, wie viel besser 2-3 Päckchen Zigaretten weniger wären bzw wie schädlich sie wirklich sind, macht man sich halt was vor und hofft, dass man die Sucht weiter befriedigen kann und den Schaden dann durch was anderes ausgleichen kann.

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  6. Das klingt alles vernünftig, man liest mittlerweile ja viel Humbug, der Artikel bringts auf den Punkt. Nun ja, bis auf den „5 mal Gemüse und Früchte pro Tag“-Teil. Mal ehrlich, so viel esse ich nicht; das wäre viel zu viel, da man ja auch noch im richtigen Verhältnis Proteine und KHs braucht.
    Die Angabe ist sehr unpräzise, es bleibt viel Interpretationsspielraum. Wieviel ist eine „Portion“? Ein Löffel voll? 50g? Hier haben die Gesundheitspräventiönler keinen guten Job gemacht.

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  7. Ich finde, es fehlt Punkt 7, der ganz am Anfang kommen sollte: „Hab Spaß und versuche deine Leben so einzurichten, dass du zufrieden bist.“

    Gesunde Ernährung und Bewegung nutzen nichts, wenn man unzufrieden mit sich und seinem Leben durch selbigen geht. Der psychosomatische Aspekt sollte nicht vergessen werden.

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  8. DANKE für den Kommentar mit dem Trinken. Ich wiege 48kg (jaja, ausgewachsen und gesund und so; manche sind eben sehr zierlich) und es hat mich wahnsinnig gemacht, wenn Leute (teilweise auch Ärzte) mir 2,5l Wasser am Tag MINDESTENS angepriesen haben. Mein Bauch war nur voller Wasser. Irgendwann las ich dann deine Faustregel und eine, dass genug Wasser ca 35ml pro kg Körpergewicht sind – und just waren meine 1,5l völlig in Ordnung und wohlgefühlt habe ich mich auch.

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    1. Das Theater kenne ich auch … Ich KANN pro Tag zwar versuchen, 2l zu trinken (Tee, Wasser, Schorle …), aber dann renne ich permanent aufs Klo.

      Mein Hausarzt meinte dann irgendwann, seine Frau trinke auch ca. 1l am Tag … Jeder Mensch ist anders; ich komm insgesagt auf ca. 1,5 und bin damit sehr zufrieden. :)

      Ansonsten: Rauchen ist *bah*, Alkohol mag ich nicht und wenn ich Abends von der Arbeit komme (und das ist zum Teil gegen halb elf) und ich richtig Hunger habe, dann mach ich mir auch Reis mit Gemüse oder Nudeln. Sch*** auf die Kohlenhydrate! ich schlaf trotzdem gut und mein BMI ist vollkommen okay. :D

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  9. öhm, Urin soll farblos sein? Ich weiß ja nicht, aber mir fallen auf Anhieb zig Säugetiere ein (sowohl Fleisch- als auch Pflanzenfresser), deren Urin gelb ist, warum soll das beim Menschen anders sein?
    Ich meine natürlich schönes helles pissgelb, das tiefdunkles braungelb nicht so optimal ist, ist schon klar, aber ein bisschen Farbe ist doch normal…

    Ansonsten finde ich, dass man in Sachen Ernährung auch einfach mal auf den eigenen Magen hören sollte, anstatt verzweifelt nach irgendwelchen wissenschaftlichen Vorgaben zu handeln. Wenn mein Körper einen Apfel will, dann kriegt er einen, aber 5 Stück am Tag? Keine Chance.
    Und wenn ich im Büro sitze, mir genüsslich eine Mandarine schäle und mir über den vormittag hinweg immer mal ein Stückchen in die Gusche schiebe, dann glaube ich, bin ich unterm Strich besser dran, als die Kollegin die um Punkt 10 hastig ein paar Weintrauben verschlingt und um halb 12 schon mal anfängt die Kalorien von ihrem Salatdressing zu zählen, damit sie weiß, ob sie um halb 6 ein oder zwei Scheiben Super-Gesund-Bio-mitDinkel-aberohneFarbstoffe-Vollkornbrot essen *darf*

    Ich werde auch nicht nachrechnen, wieviel Wasser ich trinke, ich bin mir sicher, es ist genug, sonst hätt‘ ich längst irgendwelche Organschäden. Und wenn mein Hirn mir sagt: „Schokolade, sofort!“, dann gibt es Schokolade und wenn das nachts um halb 2 ist, ist mir doch egal. Ich hab trotzdem absolutes Normalgewicht.

    Also bitte, macht euch nicht soviel Stress :). Um jeden Preis gesund zu leben ist doch auch irgendwie krank.

    Und was die Motivation zum Sport angeht: Alle Versuche zuhause Sport zu machen, sind auch an meinem Schweinehund gescheitert. Letztendlich hat die Anmeldung in einem Fitnessstudio geholfen. Die buchen nämlich Geld von meinem Konto ab, das motiviert unheimlich :D

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    1. Damit Urin farblos ist reichen ein paar Liter Bier. Da geht der rasend schnell ins farblose. Ob das so gut ist? Eher nicht.
      Einfach trinken bevor man Durst hat, Essen bevor man Hunger hat. Immer ein wenig ist besser als warten und 1-2 mal täglich sich den Bauch vollzustopfen.

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  10. Warum soll die (schwer) übergewichtige Frau ihr System nicht reinigen? Hat das Eine etwas mit dem Anderen zu tun? Ich meine, wenn es ihr gut tut…

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    1. Keiner verbietet ihr es. Aber die Überschrift ist „Die Leute machen sich selbst was vor“. Ein bisschen Wasser in den Popo führt ein wenig ab, „reinigt“ aber nicht. Selbst für die deutlich intensivere Colon-Hydro-Therapie (=Mega-Einlauf) gibt es keine wissenschaftlichen Nachweise.
      Der Punkt ist hier glaube ich, dass die Kunden in der Apotheke gerne ihre Minimalaktionen als Ausgleich für ihr deutlich größeres Problem abgesegnet bekommen möchten. Diese Absolution wird Pharmama aber nicht erteilen. Im schlimmsten Fall kommen die Kunden später dann an und meckern, dass sie jetzt Diabetes, Herzprobleme usw. haben, obwohl man in der Apotheke doch die Einläufe als Ausgleich empfohlen bekommen hat.

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  11. dazu passt auch die publikation von letzter woche, dass trotz all des vorhandenen wissens und der lebensmittel, die probleme mit mangelernährung in der schweiz zunehmen … den muss man sich auf der zunge zergehen lassen: mangelernährung in der schweiz! jede fünfte person soll betroffen sein also 20%, unglaublich:

    siehe hier: http://www.drs.ch/www/de/drs/nachrichten/schweiz/338074.mangelernaehrung-in-der-schweiz-weit-verbreitet.html

    frei nach nina hagen: das gehirn erkrankt und schwankt in immer neue dimensionen, da wo die bösen geister wohnen …

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    1. Nein, zwei große Tassen Kaffee (oder für die Nerds: Eine Flasche Clubmate) reicht auch :)

      OK, im Ernst: Vor allem sollte man sich nicht kirre machen lassen. Speziell beim Trinken: Trinke also immer zwischendurch immer wieder mal einen Schluck oder zwei. Wenn Du Durst spürst, war es zu wenig, wenn das Gluckern im Bauch beginnt, war es zu viel, oder zu viel auf einmal. Das hilft auch erstaunlich gut gegen den kleinen Hunger.

      Ich wurde lieder als Kind „Trink doch nicht so viel“ darauf trainiert, mit wenig auszukommen. Ganz schlechter Plan …

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  12. Genussmittel und Drogen sind ungesund (und sollten höchstens in Massen genossen werden)

    Ich weiß ja nicht wie es in CH ist, aber in D gibt es einen Unterschied zwischen in Massen und in Maßen. Schreibt ihr das nicht mit ß?

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    1. Nein, die schweizerische Orthographie macht die Jagd aufs ph nicht mit, die die deutschen Politiker angeblasen haben (ein Graph ist nun mal kein Graf, nicht mal ein Para-Graf…), aber das ß hatte sie noch nie.

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  13. Ich kannte mal einen Raucher, der wirklich nicht wenig geraucht hat (so zwei Päckchen am Tag) und auch mit Alkohol und Gras nicht gerade sparsam war…. Aber aus Tomaten aufs Penibelste den grünen Strunk herausgeschnitten hat, weil er Angst hatte Krebs zu bekommen.
    Schon merkwürdig…

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  14. Das hängt einfach damit zusammen, dass in den Medien die ganze Zeit Ernährungs- und Gesundheitswahn propagiert wird nebst irgendwelchen tips, wie man in einer Woche zur Traumfigur kommt etc. Statt mal auf ihren Körper zu hören, befolgen die Leute diese Rezepte, aber auch die versprechungen der Bierwerbung nach einem besseren Leben durch Genuss. Ich ignoriere diese Botschaften schon länger, habe stattdessen das Rauchen gegen mindestens ebenso genussvolles Dampfen eingetauscht, als ich merkte, dass ich extrem Kurzatmig wurde, hingegen esse ich fettig wann es mir gefällt, treibe aber soviel Sport, daß ich nicht übergewichtig werde. Jeder Mensch hat ein unterschiedliches körperliches Gleichgewicht, und das kann durch kein Patentrezept der Gesundheitsindustrie ersetzt werden.

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  15. naja, allein anhand der kommentare sieht man doch sehr schön wie wenig eine verallgemeinerung bringt. das wichtigste ist das die leute anfangen auf ihren eigenen körper zu hören und nicht irgendwelchen starren ernährungs-/konsum-hinweisen zu folgen.
    der eine kommt mit 1,5l flüssigkeit / tag klar, der andere mit 2,5l. die einen brauchen abends nur noch nen appel, die andern ne deftige brotzeit. die einen trinken gern nen glas wein am abend, die andern genießen die nüchternheit, und wieder andere rauchen sich nen joint. jeder mensch ist einzigartig, und es liegt an der verantwortung eines jeden selbst was er aus sich macht.
    ich glaub die einzige allgemein-gültige empfehlung die man aussprechen kann ist: lehrt die menschen sich ihrer selbst bewußt zu sein, nicht im sinne irgendwelchen esoterischen unfugs, sondern einfach nur auf die signale zu hören die ihr körper ihnen sendet. leider steht sowas immantentes (vllt könnte man es „lebenskunde“ nennen?) auf keinem schulplan… kein wunder, die politik wird von partei-interessen bestimmt, nicht vom wohlergehen des volkes.
    ich les grad nen wunderbares buch zu diesem (philosophischen) thema, heißt „Keine Macht den Doofen“ ^^ bitte nicht als schleichwerbung verstehen, aber passt grad einfach gut rein.

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