Nicht ganz richtig angeschrieben

Dass wir gelegentlich unabsichtlich auf der nicht ganz legalen Seite operieren in der Apotheke und Drogerie habe ich schon beschrieben im Bereich Heilmittel und Nahrungsergänzungen. Wie kompliziert die Chemikalien nach neuem Chemikaliengesetz angeschrieben werden müssen auch schon.

Nun. Hier haben wir ein Problem, das in beide Kategorien fällt: Zitronensäure

Zitronensäure brauchen wir noch gelegentlich in der Drogerie. Es wird für verschiedenen Sachen eingesetzt. Einerseits als Konservierungsmittel (dann fällt es unter das Lebensmittelrecht), andererseits zum Putzen / Entkalken (dann fällt es unter das Chemikalienrecht), selten auch in Rezepturen (dann fällt es unter das Arzneimittelrecht).

So wie im Bild wird es verkauft. Wir beziehen die 40g Päckchen von unserem Chemikalien- und Tee-Lieferanten. Aber eigentlich sind sie so nicht korrekt angeschrieben.

Mal sehen, was wir da alles drauf haben:

„Zitronensäure wasserfrei“ in 3 Sprachen. – nach Chemikalienrecht

Acidum citricum anhydricum PhEur – nach Arzneimittelrecht

E-330 – nach Lebensmittelrecht

„Diese Substanz ist nicht zur direkten Einnahme bestimmt, Verwendung als Konservierungsmittel …“ in 3 Sprachen – Lebensmittelrecht

Das Gefahrensymbol für Reizend, samt Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge in 3 Sprachen – Chemikalienrecht

Es ist ja schön, dass da alles drauf steht, aber eigentlich … darf es das nicht. Es ist entweder nach Chemikalienrecht ODER nach Lebensmittelrecht ODER nach Arzneimittelrecht anzuschreiben – und nicht alles gleichzeitig. Eigentlich müsste ich den Kunden jeweils fragen: „Für was brauchen sie es?“ und müsste es dann nach einem der 3 Varianten anschreiben.

Und die Zitronensäure ist nicht das einzige,

Wundbenzin ist ein Arzneimittel, Etikette gemäss Arzneimittelrecht (Pharmakopöa) (keine Chemikalienetikette)

Fleckenbenzin fällt unter das Chemikalienrecht, also Chemikalienetikette mit Gefahrensymbolen

20 Kommentare zu „Nicht ganz richtig angeschrieben

  1. Hm..ist das die gleiche Zitronensäure wie die, die man in diesen kleinen Tütchen (so wie Backpulver- oder Vanillezucketütchen) kaufen kann, um die in Marmeladen und Gelees mit rein zu tun, damit die besser fest werden? Für mein Johannesbeergelee hätte ich da gut die großen Tüten von gebrauchen können ;)

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  2. Hallo liebe pharmama.
    Du hast es – wenn auch ungewollt – in Deiner letzten Erklärung zu Zitronensäure richtig dargestellt:
    das ist wirklich „reizend“
    .. für die Magenschleimhäute :-(
    z.K.
    aber das ist doch nur eine Spitze vielen der Eisberge.
    Ich wünsch‘ Dir eine geruhsame Vor-Weihnachtswoche (auch wenn’s bestimmt nicht so kommt).
    Liebe Grüße aus Frankfurt am Main
    Hajo

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    1. ach Hajo: liess doch noch mal, bevorr Du’s abschickst:
      „aber das ist doch nur eine Spitze der vielen Eisberge.“
      :-(((

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  3. Die verschiedenen Benzine sind aber doch wahrscheinlich kein reines „Benzin“ nach Ansicht der Chemiker, sondern eine Mischung verschiedener Kohlenwasserstoffe? (Ottokraftstoff ist auch eine Mischung verschiedenster Mineralöl-Cracks…)
    Insofern könnten das durchaus grundverschiedene Flüssigkeiten sein, je nachdem ob es Wundbenzin oder Reinigungsbenzin ist (oder das Fläschchen für Berta Benz)…

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  4. Ich kann hier in Deutschland Zitronensäure in Pulverform oder flüssig in Flaschen in der Drogerie kaufen.
    Packungsgröße ist entweder 500g oder 0,5l.
    Interessant, was auf der Pulverpackung draufsteht:
    Einerseits das Warnsymbol für „Reizend“, dann ein Herstellerversprechen, dass diese Packung Zitronensäure in Lebensmittelqualität enthält und dann noch:
    „Für Österreich: Möglichst restlos verbrauchen, eventuell Reste mit Wasser verdünnt fortspülen.“ Wieso da „für Österreich“ steht, ist doch interessant, offenbar hat das Nachbarland ein paar mehr Vorschriften zur Deklarierung.
    Inhaltsstoffe: reine naturidentische Citronensäure in Lebensmittelqualität. (ja, sie schreiben es mit C)
    Die Anwendungsbeispiele beziehen sich ausschließlich auf das Entkalken diverser Küchengeräte.
    Ich brauch das Zeug recht häufig, um den Wasserkochen zu entkalken, weil wir furchtbar hartes Wasser haben.
    Da würden mir die schweizerischen Tütchen gar nicht reichen.
    Dies nur als Hinweis, wie in Deutschland das Zeug verkauft wird.
    Liebe Grüße
    Nudel

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    1. Die verschiedenen Deklarationsvorschriften sind interessant zu stundieren etwa auf Instant-Kakaopulver von Lidl oder Aldi, der in x Länder verkauft wird…
      zu Sondervorschriften eines Landes hab ich noch dies hier zu bieten…

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  5. Ich finde es etwas Merkwürdig, das ausgerechnet Apotheker sich über das Auszeichnungsrecht beschweren!?

    Der einzige Sinn des Apothekenwesens besteht darin potentielle Gefahrstoffe zu reglementieren. Alles, aber auch wirklich Alles was sich in Apotheken findet, kann man auch im Chemikalienhandel, oder direkt beim Pharmakonzern zu einem Bruchteil des Preises beziehen, und/oder selber herstellen. Wenn wir also auf genaue Auszeichnungen verzichten, warum dann nicht auch gleich auf Apotheken?

    Ärzte haben doch studiert und da kommt auch Biochemie vor, Die wissen doch was Sie tun…!?

    Wissen Sie natürlich nicht! Und daher müssen auf Medizinalprodukten eben auch die anachronistisch anmutenden Bezeichnungen aus dem 18’ten Jahrhundert stehen, weil die Fachkraft „Arzt“, oder „Pfleger“ sonst überfordert ist und es auch nicht zu ihren Aufgaben gehört alle 5 Jahre die neueste Version der Biochemischen Nomenklatur auswendig zu lernen.

    Ähnliches gilt sicher für Lebensmittelverarbeiter und Reinigungsfachkräfte.

    Was man mit einem Stoff wie Zitronensäure in welchem Zusammenhang genau machen kann, ob und wie gefährlich das für Personen, oder Umwelt ist, ist eben eine komplexe Angelegenheit und Apotheker, genauso wie das Auszeichnungsrecht existieren überhaupt nur, um das auseinanderzuklamüsern. Wenn das nervt, dann Obacht bei der Berufswahl!

    Von Grenzfällen mal abgesehen, halte ich das Kennzeichnungsrecht für sehr sinnvoll.

    Injizierbares Wasser zum Beispiel, kostet sicher ein vieltausendfaches von Leitungswaser, weil es entsprechend gekennzeichnet ist.
    Dafür kann man sich aber auch darauf verlassen, das es steril und frei von unerwünschten Zusatzstoffen ist. Sollte es doch nicht einwandfrei sein, trage ich als Ausführender nicht die Verantwortung.

    Ich möchte vor dem Anhängen einer Infusion nicht in der Verlegenheit sein, Sterilität und Salzgehalt selber sicher stellen zu müssen, oder gar aus Kochsalz und Leitungswasser NaCl Lösung anrühren und Diese dann irgendwie steril kriegen und halten zu müssen, das können Andere Fachkräfte besser.

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    1. Warum machst du hier so ein Faß auf?
      Der Sinn der Auszeichnungspflicht ist doch gar nicht in Frage gestellt worden – nur, warum es drei verschiedene Auszeichnungsschemata gibt, die eigentlich nicht nebeneinander auf derselben Packung stehen dürfen, selbst wenn dasselbe drin ist.

      Übrigens: „Sie“ mit großem S ist eine Anrede. Deshalb ist der Abschnitt „Ärzte haben doch studiert und da kommt auch Biochemie vor, Die wissen doch was Sie tun…!?

      Wissen Sie natürlich nicht!“
      völlig unlogisch. Woher soll mein Arzt wissen, was Pharmama („Sie“ ist Anrede) tut? Und warum sollen es die Ärzte wissen, falls – mal unterstellt, es stimmte – Pharmama („Sie ist Anrede) es tatsächlich nicht wüßte? Schließlich sind sie doch nicht dabei…

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    2. Auch mal kurz meinen Senf dazu:
      Was die Preise angeht: Einfach mal kurz den Preis von 100g Zitronensäure zum Entkalken aus dem Supermarkt (gerne Lidl, Aldi und Co.) mit dem Preis von Zitronensäure aus der Apotheke (Pharmaqualität) vergleichen, da schneidet die Apotheke verdammt preiswert ab dabei, selbst wenn sie auf den Einkaufspreis 100% Rohgewinn draufschlagen sollte.

      Sie schreiben weiterhin, dass „Der einzige Sinn des Apothekenwesens [darin] besteht […] potentielle Gefahrstoffe zu reglementieren.“
      Das stimmt so nicht.

      Die Berufsunterscheidung ist folgende: Ärzte sind Spezialisten, was Behandlungen angeht, diese können therapieren. Ärzte haben aber von dem Wesen eines Arzneimittels keine Ahnung, selbst wenn in dem Studienfach z.B. auch – wie Sie schreiben – Biochemie vorkommt.

      Pharmazie ist da schon ein bisschen mehr ausser Biochemie!
      Das Studienfach Pharmazie ist kein abgespecktes Medizinstudium, sondern eigenständig. Hier lernt man – unter anderem – chemische Zusammenhänge bei der Wirkstoffsynthese, chemische Nachweismethoden (incl. Infrarotspektroskopie, FT-IR, Fluoreszenzspektroskopie, HPLC-Methoden (z.B. GPC, RP-HPLC, Ionenaustauschchromatographie), H-NMR). H-NMR lernen Sie als Arzt auch im Studium, aber in einem anderen Zusammenhang, das heisst bei Ihnen MRT. Völig anderer Anwendungszweck, ich kann als Industrieapotheker kein MRT lesen und Sie können als Arzt keine H-NMR eines Wirkstoffs auswerten, klar?

      Des Weiteren geht es in dem Studium – unter anderem – auch darum, eine Arzneiform erst mal herzustellen. In einem simplen weissen Pulver, wie z.B. Herceptin, welches Sie aus der Klinik kennen, steckt sehr viel Technologie: Es handelt sich hierbei um einen monoklonalen Antikörper, der erst gentechnologisch gezüchtet, anschliessend stabilisiert (z.B. durch Puffereinstellung, Tensidzugabe, etc.) werden muss, und anschliessend durch das Verfahren der Gefriertrocknung getrocknet werden muss (sehr teuer, sehr aufwendig).
      Am Schluss kommt ein weisses Pulver raus, welches von Ihnen als Arzt nur mit ein bisschen Wasser versetzt werden muss, so dass es danach sofort applizierbar ist und keine Partikel enthält, die zu einer Embolie führen.

      DIESE Grundlagen lernt man im Pharmaziestudium. Da macht mir als Apotheker auch kein Arzt was vor.

      Persönlich bin ich mit 3 Medizinern privat befreundet. Vielleicht sollten Sie sich auch mal mit Pharmazeuten unterhalten, bevor Sie solche Phrasen dreschen…

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      1. @Steven: Ja, Ja, JA und nochmals JA! Danke für’s Antworten (für mich sozusagen) -ich war den ganzen Tag arbeiten, da komme ich manchmal erst viel zu spät dazu.

        Also wenn das stimmen würde: „Der einzige Sinn des Apothekenwesens besteht darin potentielle Gefahrstoffe zu reglementieren.“ – dann würde ich mir allerdings einen anderen Job suchen. Echt jetzt.
        Bitte mal im Blog lesen, dann merkt man nämlich, dass das bei weitem nicht alles ist. Und es hat doch in jedem Job Teile, die man besser mag (und macht) und andere, die man gar nicht gerne macht, die halt aber auch dazugehören.

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  6. Pharmama, ich versteh dich. Regeln sind gut, aber manchmal ueberschneiden sich die Vorschriften und dann wird es kompliziert (und manchmal laecherlich).
    Ich hab letztens auch so einen Fall gehabt. Bei uns an der Uni wird streng auf die fachgerechte Entsorgung von Abfaellen geachtet (Chemiekalien, Gewebe, Klingen, Spritzen, ect.). Jede Kategorie hat ihre eigenen Vorschriften. So weit, so gut. Aber was macht man mit einer Spritze, die chemischen Sondermuell (z.B. Kochsalzloesung ;-), s.u.) enthaelt und noch dazu z.B. Blut?
    Oder die Definition von gefaehrlichem Abfall: getrennt entsorgt werden muss jedes Gemisch, bei dem mind. ein Inhaltsstoff eine LD 50 kleiner als 5000 mg/kg hat. Was dazu fuehrt, dass Kochsalzloesung (LD 50 v. NaCl 3000 mg/kg) als Sondermuell entsorgt werden muss und nicht in den Abfluss gekippt werden darf (verschuettete Salzkruemel uebrigens auch).

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      1. Witzig, nicht :-D. Aber entweder, man regelt das fuer jeden Stoff einzeln (und muss jedesmal in irgendeinem Buch nachschauen), oder man fuehrt eben ein paar Regeln ein und muss damit leben, dass es bei einigen Substanzen dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Was ist eigentlich die LD 50 von H2O?

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        1. Was es gibt, ist die Möglichkeit, im Sicherheitsdatenblatt der Herstellfirma nachzusehen. Das muss bei jeder Chemikalie mitgeliefert werden.

          Das geht auch online, z.B. bei Chemikalien von Sigma Aldrich unter http://www.sigmaaldrich.com und für Chemikalien von Merck unter http://www.chemdat.de :
          Chemikalie eingeben, dann auf MSDS (Material Safety Data Sheet), bzw. SDB (Sicherheitsdatenblatt) klicken und einer der letzten Hinweise ist die Empfehlung zur Entsorgung der jeweiligen Chemikalie.
          Ich nehme an, dass die Apothekenlieferanten (Caelo und Co.) etwas vergleichbares anbieten.

          Bei Kochsalz hilft das aber nur bedingt weiter:
          „Restmengen und nicht wieder verwertbare Lösungen einem anerkannten Entsorgungsunternehmen
          zuführen. Dieses Material darf nur von einem zugelassenen Entsorgungsunternehmen beseitigt werden.“

          Auf deutsch: 2 g Kochsalz natürlich in den Ausguss, 10 kg werden da aber natürlich kritisch.

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  7. Ich habe mir eine grosse Packung Zitronensäure aus einem österreichischen Supermarkt mitgebracht – steht dort bei den Backutensilien *g*.

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  8. Liebe Pharmama
    Es ist ganz normal, dass Zusatzstoffe zu Lebensmitteln sowohl nach Lebensmittel- als auch nach Chemikalenrecht gekennzeichnet sind. Vom Geltungsbereich der Chemikalienverordnung sind nur Fertigerzeugnisse (Lebensmittel, Arzneimittel, Futtermittel) ausgenommen. Die (konzentrierten) „Rohstoffe“/Hilfsstoffe dafür unterstehen also dem Chemikalienrecht. Wenn dazu spezifische Informationen für die besondere Anwendung (etwa die Dosierung als Lebensmittel-Zusatzstoff oder die E-Nummer) kommen, ist das also kein Widerspruch.

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