Ausnahmslos

Nein, liebe Lehrtochter, Du kannst es mir schon glauben, wenn ich sage ‚von den Resyl plus (oder Paracodin oder Makatussin*) gibt es pro Kunde nur eine Packung‘, dann ist das so.

Keine Ausnahmen heisst:
Auch nicht, wenn sie der Nachbarin/Freundin/Mutter eins mitbringen soll …
Auch nicht wenn die Person sagt, dass sie in die Ferien geht und Vorrat braucht, weil sie nicht weiss, ob es das da gibt …
Auch nicht eine Packung für zu Hause und eine für die Ferienwohnung …
Und vor allem auch nicht, wenn sie sagt, sie nimmt sie ständig und will nicht die ganze Zeit in die Apotheke gehen müssen deswegen.

Und Du brauchst auch nicht bei jedem Kunden mit einer neuen Ausrede oder Erklärung wieder zu mir zu kommen nur um dir nochmals sagen zu lassen: es bleibt dabei: keine Ausnahmen.

*Das sind Hustenmittel mit dem Wirkstoff Codein, die gerne missbraucht werden.

47 Kommentare zu „Ausnahmslos

  1. codein ist in D verschreibungspflichtig…

    dennoch kommen viele leute an und hätten gerne eine packung capvalsaft oder paracodin tropfen. sie sind immer ganz überrascht, wenn man sagt: „haben sie ein rezept oder einen arztausweis für mich?“

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  2. In der Schweiz ist es (noch) rezeptfrei – verlangt jedoch dringend nach Beratung. Und weil ich weiss, wie gerne das missbraucht wird habe ich obige Regel ausgestellt. Es wäre enorm schade, wenn etwas wegen Missbrauch durch einzelne wieder für alle rezeptpflichtig würde, denn eigentlich ist es ein gutes Mittel.

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    1. Echt? In der Schweiz ist das rezeptfrei? Wow……Sind die Schweizer weniger anfällig gegen Medikamentenmissbrauch?

      Hier in D kriegt man es (wenn es denn NICHT gegen einen echten Husten sein soll und deshalb verschrieben wird) beim Dealer seines Vertrauens, gegen Einwurf größerer Münzen.
      Wurde mir mal mitgeteilt – nicht, dass ichs schonmal ausprobiert hätte.

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        1. Dealer-Automaten würden sich hier in Berlin schon lohnen :-) In gewissen Gegenden treten sich ja die Dealer schon gegenseitig auf die Füsse.
          Nein nein, ist eine neudeutsche Redewendung (korrekt heisst sie: „gegen Einwurf kleiner Münzen“). Hat man immer als humoristische Antwort auf Bitten um Hilfe parat: „Kannst Du mir mal das Salz geben? – Gegen Einwurf kleiner Münzen ja“ oder „Kannst Du mir mal mit der Excel-Tabelle helfen? – Gegen….“ usw usw. Hat seine Ursprung vermutlich im Unwesen kostenpflichtiger Hotlines.

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  3. Als es hier (in D, D) noch keine zentrale KV-Ambulanz gab und jeder Arzt alle paar wochen Notdienst in der Praxis machen musste, gab es auch immer so eine Art Karavane, die täglich nach der Sprechstunde von Praxis zu Praxis zog, um ein Rezept für „Etwas gegen den schlimmen Husten“ zu bekommen, was aber auch, und das war ganz wichtig, „nicht wachhalten darf“. Von meiner damaligen Kinderärztin gab es dann immer ein Rezept für Paracetamol 125 supps und den Rat, gleich auch Fenchelhonig in der Apotheke zu kaufen. Es dauerte gar nicht lange, und diese „Kundschaft“ blieb zur Gänze aus.

    Grüße!

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  4. Vielleicht solltest du mit der Lehrtochter mal ein Gesprächstraining machen, ich habe eher den Eindruck, ihr fällt es schwer, einem Kunden etwas abzuschlagen?

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  5. Hmm.. meine Chefin ist da GANZ anders (Apotheke in Spanien), ich darf NICHT sagen, dass es Codein NICHT gibt (gilt auch für Viagra und Antibiotika).

    Wenn jemand sein Codein will, dann MUSS ich das abgeben, der Kunde (nicht Patient) soll ja glücklich sein! Das ist er danach bestimmt auch,.. fragt sich nur wie lange.

    Neulich kam eine Oma, die meinte „Waaas? Sie wollen mir das nicht ohne Rezept geben??? Ich kauf hier seit 20 Jahren meine Codeintropfen, wo ist deine Chefin Kleine??“

    Daraufhin, hab ich eins auf den Deckel gekriegt von der Chefin, dass ich das gefälligst ohne Fragen abzugeben habe.

    Auch eine Mutter hat mal von meiner Chefin Codeinhustensaft für ihr 2-jähiges Kind gekriegt. „Dann schläft das Kind wenigstens gleich bissl“.

    Ahhh holt mich hier raus!!!

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    1. Aw, Cristina, Du tust mir wirklich etwas leid. Aber zumindest kannst Du beruhigt sein: sie als Chefin trägt die Verantwortung. Also wenn das Kleinkind einen Atemstillstand macht und stirbt wird sie zur Verantwortung gezogen, sogar wenn Du das abgegeben hast. Umso mehr, wenn sie so Richtlininen herausgibt…

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      1. ob das in dem fall wirklich ein trost wäre?! für mich glaube ich nicht… ich meine, wenn erwachsene sich freiwillig in gefahr begeben, nun gut. aber wenn da jemand direkt sagt, dass er sein kleinkind damit malträtieren will? mhm…. nö, dann würd ich lieber ne andere stelle suchen, als sowas tun zu müssen…

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        1. Wie gesagt, ich hör ja auch Ende der Woche auf… aber weil ich sowieso fertig bin. Als Praktikant sich ne neue Stelle suchen zu müssen macht auch nicht viel Spaß…vor allem nicht mittendrin, wenn man schon Zeit hinter sich gebracht hat.

          Ansonsten hab ich das Medikament auch schon oft einfach hingestellt und zu meiner Chefin gesagt „Von mir kriegt die das nicht, dann machen SIE den Verkauf.“

          Ich wollte mit meinem Kommentar auch nur andeuten, dass ich es super finde, wie Pharmama das macht! Denn es ist nicht überall so, obwohl es meiner Meinung nach so sein sollte wie in Pharmamas Apotheke! :)

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      1. Oder neuen Praktikumsplatz.. was bedeuten würde, dass man sich die ganze Zeit, die man schon dort gearbeitet hat nicht anrechnen lassen kann und noch mal komplett von vorn anfangen müsste und dann die Prüfung nicht schafft, weil sich alles zeitlich nach hinten schieben würde und dann müsste ich ein Jahr warten… bäääh… aber mir bleibt nur noch eine Woche hier unten ;)

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        1. Das Ende ist zum Glück absehbar. Durchhalten liebe Cristina.
          Kannst Du sie nicht irgendwo melden, dass nicht andere, die nach einem Praktikum suchen so reinlaufen?

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        2. Na dann Augen zu und durch. Eine Woche sollte zu schaffen sein. Nicht immer ist der Job Zuckerschlecken, aber wenn es auf Dauer nicht passt, sollte man konsequent bleiben.

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  6. „Lehrtochter“ ist aber schon ein älterer Begriff, oder? Hab zuerst immer „Lehr-rer-tochter“ gelesen. Stift kenn ich noch, heute heisst das Azubi.

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    1. Auszubildende oder Lernende, die Abkürzung „Azubi“ ist nicht gern gesehen… wechselt aber sowieso ständig und es blickt keiner mehr richtig durch in der Schweiz, wie denn nun ein „Auszubildende(r)/Lernende(r)“ zu bezeichnen ist.

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    1. Nicht jedes Hustenmittel. Der Wirkstoff „codein“ wirkt direkt auf das Hustenzentrum im Gehirn (deshalb prädestiniert für Hustensäfte), aber er wirkt eben nicht nur da. Codein ist nämlich ein Opiat, also verwandt mit Morphium, falls du dir darunter mehr vorstellen kannst.

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    2. Codein ist strukturverwandt mit Hydrocodon. Letzteres ist wiederum der Wirkstoff von Vicodin, der Lieblingsdroge meines Lieblingsfernseharztes Dr. House, welcher unstreitig süchtig ist.

      Codein wird auch gern von Junkies genommen, wenn sie nicht an Heroin und anderes Zeugs kommen, weil es so schön dröhnt. Letzteres ist jedoch Hörensagen – meine Drogen sind Coffein, Krimis und Bloggen.

      Und jetzt sage noch einer, Fernsehen würde nicht bilden!
      ;-)

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  7. Als Rauschmittel ist neben dem Klassiker Codein in der „Szene“ auch Dextromethorphan (DXM) in kräftiger Überdosierung gängig und wirkt halluzinogen. Dieser Wirkstoff findet sich in verschiedenen rezeptfreien Hustenstillern.
    Also auch aufpassen, wenn plötzlich einer in der Apo steht und mehrere Packungen Dextromethorphan-Hustenstiller verlangt.

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    1. DXM Präparate fallen bei uns auch unter die „nur 1 pro Kunde Regel“, genauso wie Abführmittel mit Picosulfat und – hier aber mit teilweise Ausnahmen -abschwellende Nasensprays.

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      1. Uih, das ist konsequent. Wieviele Kunden sind denn schon wutschnaubend wieder gegangen? Ich finde das sehr schwierig, wenn man Kunden vergrault, denn vielleicht hat man ja doch mal Glück und kann mit sanften Hinweisen etwas bewirken (z.B. bei den Abführsüchtigen vorsichtige Umstellung auf Lactulose und dann langsames Ausschleichen, bei den Nasenspray-Junkies Herunterverdünnen…)

        Die Regel ist aber eine interne Regel von Euch aus pharmazeutischer Sorgfalt festgelegt, oder ist das gesetzlich so geregelt?

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        1. Das Gute daran ist, dass man wegen der Regel (interne Regel, ja) mit den Leuten ins Gespräch kommt. So konnte ich gerade bei Nasenspray-abhängigen schon ein paarmal eingreifen.

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  8. Pharmama, dein Beispiel war echt klasse :D
    Wenn das Kind dann stirbt, ist ja die Chefin vernatwortlich.
    Das macht dann ja gar nichts für dich und du machst dir dann sicher keine Vorwürfe und wenn ja ganz zu Unrecht ;)

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    1. natürlich macht sie sich dann Vorwürfe, schliesslich ist sie eine Apothekerin mit Verantwortungsgefühl und Gewissen. Aber wenn sie versucht hat die Mutter umzustimmen und die Chefin sie dann auch noch rügt und befiehlt es abzugeben, … die Verantwortung liegt immer bei der Chefin.

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  9. Richtig so Pharmama! Ich hab mal eine gekannt, die war Kodeinabhängig und hat sich immer Hustensaft geholt. Sie war bekannt bei den Apotheken, die langsam skeptisch, wollten ihr nichts mehr abgeben, dann hat sie ihren Freund geschickt.
    Als die rezeptpflichtig wurden ist sie auf Benocten umgestiegen…

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  10. Sehr nett fand ich mal den leicht zitternden Patienten mit Schweiß auf der Stirn, der auf Privatrezept Codeintropfen gegen seinen „Husten“ verschrieben bekommen hat. Ich wollte die Verfahrensweise erst mal mit meinem Chef abklären, der gerade nicht da war und hab dem Patienten erklärt, dass ich das Mittel bestellen müsste und hab ihn auf 16 Uhr vertröstet. Etwa eine Stunde später kam er mit einem Rezept eines ANDEREN Arztes über dasselbe Mittel. Mittel war natürlich offiziell wieder nicht da. Eine Stunde später kam er wieder mit einem neuen Rezept eines dritten Arztes über dasselbe Mittelchen.

    Darauf kam dann mal der Rückruf bei den 3 Ärzten mit dem Hinweis, dass der Patient sich das „Hustenmittel“ auch noch bei anderen Ärzten organisiert.
    Fazit war, dass alle 3 Ärzte wollten, dass ich die Rezepte zerreisse. Der Patient bekam in unserer Apotheke auch noch explizit Hausverbot.

    Begründung: Der Wirkstoff in Paracodin (ich glaube Dihydrocodein) fällt in D unter das BTM-Recht und darf nur für den Zweck „Husten“ auf normalem Kassenrezept verordnet werden.

    Falls das Mittel zur Substitution eines Heroinabhängigen (und das war so meine Vermutung aufgrund des oben beschriebenen Erscheinungsbildes) verordnet wird, darf das in D nur auf einem BTM-Rezept von einem Arzt, der substituieren DARF, verschrieben werden.
    Leider gibt es in D anscheinend Ärzte, die nicht substituieren dürfen und das aus Mitleid dann auf normalen Rezept „gegen Husten“ ausstellen.

    Nebenbei: Codein hat ein enormes Missbrauchspotential als Morphinderivat. Es wundert mich wirklich, dass das in der Schweiz rezeptfrei erhältlich ist.

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    1. Richtig, Paracodin enthält Dihydrocodein (DHC).
      Unabhängig vom Zweck der Verschreibung darf DHC für Abhängige nur über Betäubungsmittelrezept verschrieben werden:
      Siehe BtmG Anlage III unter Dihydrocodein:
      „Für ausgenommene Zubereitungen, die für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen verschrieben werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln.“
      Man beachte, dass damit sogar Alkoholiker mit dabei sind, auch wenn sie normalen Husten haben!

      Ärzte in Deutschland müssen nach BtmVV §5 „Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation“ erfüllen und die Substitution ist an diverse Hürden wie z.B. Meldeanfoderungen geknüpft.
      Ich finde das gut, denn gerade solch schwierigen Patienten brauchen einen Arzt, der sich im Umgang mit ihnen auskennt. Wer sich dem Thema Substitution als Arzt annimmt, braucht viel Disziplin für sich selbst und im Umgang mit den Patienten. Das sollten Profis machen.

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    2. Wieso kommt der 3 x zu euch, wenn Du ihm sagst, dass das Mittel nicht vorrätig ist? Wäre es da nicht klüger mit den anderen Rezepten es anderswo zu versuchen?

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      1. War eine Landapotheke, die nächste Apotheke war 20 km weg.
        So wie der Mann aussah, war er auch nicht mehr in der Lage, ein KFZ zu bedienen (wie gesagt: starkes Schwitzen, Zittern, etc.).

        Ausserdem: Natürlich wäre es klüger, es mit dem Rezept woanders zu versuchen. Hat der Patient dann ja bei unterschiedlichen Ärzten auch getan, damit die ihm was aufschreiben, was wir da haben.
        Die Beweggründe der Person kannte ich jetzt nicht im Einzelnen: Ich gehe aber nicht davon aus, dass ein Junkie auf Entzug unbedingt so rational denkt, wie man das als Normalo so tut.

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  11. Wenn der Kunde einen irgendwie plausiblen Grund nennt, hast du doch rechtlich nichts zu befürchten, entsprechend mehr Packungen abzugeben, weil nicht eindeutig Verdacht auf Missbrauch angenommen werden muss. Also, was soll diese willkürliche Bevormundung der Kunden deinerseits? Glaubst du ernsthaft, damit irgendeinen Abhängigen zu schützen oder der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen?
    Die einzige Folge wird sein, dass die Leute zunächst gezwungen sind, immer mehr Apotheken abzuklappern und damit die Sekundärfolgen der Sucht zunehmen, nämlich Beschaffungsstress, der sich negativ auf die tägliche Lebensführung auswirkt und dafür sorgt, dass das Suchtmittel weiter an Stellenwert gewinnt und allein die Sorge um die Beschaffung die Psyche und Gedankenwelt in Beschlag nimmt; die Leute irgendwann entnervt von der Apothekentortur sind und von dem vergleichsweise schwachen Codein/DHC, das sie mal einfach, legal und versteuert erwerben konnten, zu Alternativen übergehen, und dann beim nächsten Straßendealer um die Ecke landen, wo sie ohne blöde Fragen und Bevormundung so viel Heroin bekommen, wie sie wollen und bezahlen können. Dürfte zunächst für den Konsumenten sogar preiswerter sein, wenn man die Preise entsprechend der wesentlich höhere Potenz des Heroins gegenüber der schwachen Dosierung und geringen Packungsgröße der freiverkäuflichen Codein/DHC-Präparate bedenkt. Allerdings läuft die Toleranzentwicklung bei Heroin schneller, es gibt keine Ceiling-Dosis und das schnelle Anfluten sowie das massiv höhere Euphorie-Potential sorgen für eine ungleich schwerwiegendere Abhängigkeitsproblematik. Nicht zu vergessen die höhere Gesundheitsgefährdung durch unreinen Stoff, die unversteuerte Finanzierung von organisierter Kriminalität und Terrorismus, sowie die soziale Ausgrenzung des Konsumenten durch Strafverfolgung (welche noch weitere Kosten für die Gesellschaft aufwirft).
    Warum weigerst du dich also, das für alle Beteiligten Beste zu machen, und eben die eine oder andere Packung mehr zu verkaufen?

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    1. Wie kommst du kategorisch auf Missbrauch, wenn es gemäß der zugelassenen Indikationsstellung gegen Reizhusten verlangt wird? Im Übrigen halte ich den Einsatz von Opioiden als Psychopharmaka nicht per se für Missbrauch, sondern für legitimen offlabel-Einsatz. Die Menschheit hat sie seit Urzeiten für die Psyche eingesetzt und sie sind oftmals wirksamer und nebenwirkungsärmer als gebräuchliche Psychopharmaka. Den Einsatz heute dazu ausnahmslos auszuschließen ist politische Willkür und nicht medizinisch zu begründen. Jemand, der unter Depressionen leidet und dem alle herkömmliche Mittel nicht helfen, ist gezwungen, sich erst längere Zeit illegal / unter falschen Vorgaben und auf eigene Faust den Stoff zu verschaffen und davon abhängig zu werden, bevor er schließlich doch legal in der Substitution das Mittel weiter erhalten kann und dann die Medizin die antidepressive und anxiolytische Wirkung des Opioids doch anerkennt und sie entsprechend zur Behandlung der Depression des Abhängigen ausnutzt (siehe z.B. Studien und Praxis bzgl. antidepressiver Wirkung von Buprenorphin in der Substitution). Bei Schmerzen und Reizhusten werden Opioide regulär eingesetzt, wenn alternative Mittel nicht ausreichen. Bei psychischen Erkrankungen werden sie dagegen nicht mal als ultima ratio in Erwägung gezogen; Benzodiazepine hingegen schon, obwohl die sogar noch eine schwerwiegendere Abhängigkeitsproblematik inne haben. Körperliche Abhängigkeit für sich stellt keine inakzeptable Nebenwirkung dar; bei Patienten mit stärksten körperlichen Schmerzen ist sie für die Medizin kein Hinderungsgrund, weil allein der Nutzen zählt, die Schmerzen zu lindern. Psychisch bedingtes Leiden wird dagegen billigend in Kauf genommen, nur um eine Abhängigkeit zu vermeiden. Dass die Lebensqualität mit Opioiden, trotz der Abhängigkeit viel höher sein kann, wird beim psychisch Kranken noch weitgehend negiert. Dass er selbst sich besser fühlt, wird übergangen.
      Diese gesellschaftliche Engstirnigkeit erinnert an andere fatale moralische Zwänge, die wir heute zum Glück mehrheitlich überwunden haben. Z.B. die Akzeptanz, dass Homosexuelle ein tatsächlich erfülltes Leben mit gleichgeschlechtlicher Liebe leben können und sie nicht zwangsweise zu Abstinenz bekehrt werden müssen, indem man sie „zum Schutz vor sich selbst“ strafrechtlich verfolgt und gesellschaftlich diskriminiert.

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      1. Es spricht wirklich nichts dagegen, Codein zur Substitution zu verabreichen.
        ABER: Das sollte unter Aufsicht eines kundigen Arztes erfolgen (s. mein Kommentar weiter oben)!

        Codein und dessen Derivate sollten auch in der Schweiz verschreibungspflichtig sein!

        Folgende Arzneimittel sollten meiner Meinung nach ebenfalls in D verschreibungspflichtig werden:
        * Schmerzmittel in einer Packungsgröße über 20 Stück (egal ob ASS, Paracetamol, Ibuprofefen, etc.) – Manche Leute schmeissen sich Aspirin jeden Tag zum Frühstück ein, weil in der Zeitung mit den 4 Buchstaben drinsteht, dass das gesund wäre…
        * Abführmittel in einer Packungsgröße über 20 Stück (O-Ton Apotheke: „Ich nehm die Dulcolax jetzt schon seit 30 Jahren, ich bin noch nie abhängig davon geworden“ – „Probieren Sie es mal ohne und dann sagen sie mir dann, ob sie davon abhängig sind!“)
        * Nasenspray in einer Packungsgröße größer 10 ml (wer zum Geier braucht den 25ml-Vorratspack?)
        * Antacida (Mittel gegen Magenübersäuerung) in einer Packungsgröße größer 20 Stück

        Der Kunde ist nicht so mündig, wie Du oben beschreibst. Wenn in Deutschland alle Benzodiazepine, alle Codeinderivate und alles andere, was süchtig machen könnte, frei gegeben würde, züchten wir uns damit ein Volk von Süchtigen heran!
        Es reicht doch echt aus, sich anzusehen, wie viele Leute von legalen Drogen abhängig sind (Nicotin, Alkohol). Muss man das echt noch auf Arzneimittel ausweiten?

        Nebenbei: Homosexualität ist weder eine Sucht noch eine Krankheit.

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  12. Hallo Knaller – eine nette Erklärung hast Du da bereitgelegt – ich bin aber nicht der Meinung, dass sie zutrifft.
    Was ich in der Apotheke sehe sind Personen, die fast regelmässig 1x pro Woche kommen und gezielt das gegen „Reiszhusten“ verlangen …. Und das über Wochen. Ich kann dir garantieren, dass das nicht gegen Husten eingesetzt wird, sondern weil sie ihren „Kick“ haben müssen- Missbrauch dementsprechend. Meiner Erfahrung nach sind das auch definitiv nicht die Personen, die die Antidepressiva schon durchprobiert haben und keines gefunden haben, das besser wirkt – und ja. ich hatte schon Unterhaltungen mit einigen „warum“.
    Buprenorphin … ja, Schön wäre natürlich, wenn es ein zugelassenes Präparat gegen Depressionen gäbe … aber bis es so weit ist, halte ich mich (wie wohl die Ärzte auch) an die Vorschriften bei der Indikation. Und die ist halt bisher: „starke Schmerzen“ und Substitutionstherapie bei Opiatäbhängigkeit.
    Über den Einsatz der Opioide bei Schmerzen gibt es inzwischen Diskussionen, dass die schmerzstillende Wirkung – enttäuschenderweise – nicht viel stärker ist als bei den nicht-opioiden eingesetzten Mitteln. Wahrscheinlich kommen auch da in nächster Zeit neue Richtlinien heraus – von wegen akzeptabler Nebenwirkung Abhängigkeit bei stärksten Schmerzen – ich bin ziemlich sicher, dass die Anwendung nach den neusten Erkenntnissen relativiert werden wird: warum etwas geben, was *nicht* besser wirksam ist und zudem noch abhängig macht?
    Das wegen der Akzeptanz der Homosexualität …. Ich glaube jetzt schweifst Du aber arg ab :-)

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    1. Das mit dem Mißbrauch, da kann jeder Apothekenangestellte ein Lied von Singen. 4 Schachteln Thomapyrin oder mehrere Packungen Abführmittel oder Nasenspray sind auch kein bestimmungsgemäßer Gebrauch. In über 99% der Fälle liegt man mit der Einschätzung richtig.

      Das mit den Opioiden erstaunt mich etwas. Ich war bisher der Meinung, dass zumindest in D die Ärzte zu zögerlich verschreiben und damit Patienten eine gute Schmerztherapie vorenthalten.
      Mir hat z.B. Gelonida (Paracetamol + Codein) einmal sehr geholfen (besser als Ibu 600mg) und nach einer OP war ich heilfroh, trotz aufgedrehtem Metamizol-Tropf einen kräftigen Nachschlag Dipidolor (Piritramid)

      Den Ansatz der Nutzung von Opioiden finde ich sich sehr. Wer trotz diverser guter Psychopharmaka keine Besserung hat, warum nicht? Aber die Personenanzahl, die das betrifft, ist sehr gering und eine solche Therapie gehört dann aber in wirklich kundige Ärztehand, z.B. im Rahmen einer klinischen Studie. Etwas Aufwand sollte einem es wert sein, wenn man sonst keine Chance hat.

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  13. Was für eine Ausbildung hat denn der Lehrling? Ist es ähnlich, wie in D bei den PTA erst Schule und dann 6 Monate Praktikum?
    Wer darf in der Schweiz überhaupt in der Apo arbeiten? Welche Berufe gibt es?
    Vllt. hast du dazu ja auch schonmal was geschrieben?

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